Nachdem ich nun seit ein paar Monaten über einen IC-7300 als Kurzwellentransceiver verfüge, sollte endlich eine für mehrere Bänder brauchbare Kurzwellenantenne her. Ein paar Monate konnte ich mit auf dem oberen Balkon provisorisch aufgehängten Drähten auf jeweils einem Band arbeiten, die bei einem Bandwechsel dann manuell gegen einen anderen Draht getauscht werden mussten. Das war unbequem und suboptimal. Inzwischen habe ich auch auch ein Edelstahlgeländer auf dem Balkon montiert, was die HF-Eigenschaften der Drähte deutlich verschlechtert hat. Das Geländer ist geerdet und schirmt HF ab.
Die baulichen Gegebenheiten lassen es problemlos zu, einen 20 m langen Antennendraht zu spannen. Dabei kann ein Ende gut an dem neuen Edelstahlgeländer montiert werden, während das andere Ende auf einem Fiberglasmast befestigt wird. Aus mechanischen Gründen sollte die Antenne endgespeist sein, denn dann muß die Konstruktion nicht auch noch den Anpaßtopf und das Koaxkabel tragen. Ein knapp 20 m langer Draht sollte dann auf dem 40 m Band (1 * λ/2), dem 20 m Band (2 * λ/2), dem 15 m Band (3 * λ/2) und dem 10 m Band (4 * λ/2) resonant sein.
Angeblich sollen endgespeiste Antennen ohne elektrisches Gegengewicht auskommen, d.h. der Außenleiter des Koaxkabels hängt sozusagen in der Luft. Das kann so nicht wirklich funktionieren, denn ein elektrisches Potential braucht immer etwas, wogegen es gemessen wird. Das ist, wenn sonst nichts da ist, der Außenleiter, also die Abschirmung des Koaxkabels. Daß das ganze nicht so dramatisch ist, wie bei einem Viertelwellendipol, liegt einfach daran, daß aufgrund der hohen Impedanz eines endgespeisten Halbwellendipols die Stromstärke deutlich geringer ist. Ein Viertelwellendipol hat eine Impedanz von etwa 50 Ω, ein Halbwellendipol aber zwischen 1 kΩ und 3 kΩ. Das bedeutet, daß bei gleicher Leistung in einen endgespeisten Halbwellendipol auch nur ungefähr ein achtel bis ein viertel des Stromes fließt. Um sicher zu gehen, daß der Außenleiter des Koaxkabels kein signifikantes Gegenfeld zum strahlenden Draht aufbaut, schließe ich ihn elektrisch an das geerdete Balkongeländer an. Das sollte gleichzeitig auch Mantelwellen verhindern.
Auswahl des Antennendrahtes
Auf Empfehlung von Martin, DK7ZB, habe ich mich beim Weidezaun-Lieferanten nach Antennendraht umgeschaut. Martin empfiehlt Stahldraht-Litze mit 1,6 mm Durchmesser. Sie ist preisgünstig, reißfest und leicht. Ich habe mich aber dann für Aluminiumdraht mit 2,0 mm Durchmesser entschieden. Der ist zwar etwas teurer und störrischer, aber sein elektrischer Widerstand bei 20 m beträgt nur 170 mΩ und sein Gewicht nur 170 g. Dagegen hat die Stahllitze 1,5 Ω und sie wiegt knapp das doppelte. In der Praxis mag beides allerdings völlig irrelevant sein. Aluminiumdraht ist relativ weich und läßt sich leicht biegen. Von der Rolle abgewickelt ist der Draht dennoch geneigt, seine Biegung zu behalten. Er schnurrt also wieder zusammen. Dem kann man leicht entgegenwirken, indem man ihn an einem Ende befestigt und dann mit einem Lederhandschuh oder einem Tuch an dem Draht entlang zieht, so daß er sich zwischen den Fingern leicht verbiegt, aber von der Spannung wieder geradegezogen wird. Wenn man das zwei- oder dreimal gemacht hat, bleibt der Draht im wesentlichen gerade.
Abstimmung des Drahtes
Nach dem provisorischen Aufspannen muß der Draht zunächst auf Resonanz gekürzt werden. Das geht heutzutage am praktischsten und zuverlässigsten mit einem vektoriellen Netzwerkanalysator (VNA) und sukzessivem Kürzen das Drahtes mit einem Seitenschneider. Das nachfolgende Bild zeigt das Smith Chart des mit dem DG8SAQ-VNWA gemessenen und mit SimSmith dargestellten Impedanzverlauf des letztlich 18,55 m langen Aluminiumdrahtes:
Impedanz-des-nackten-Antennedrahts-1855-m-langHerunterladen
Die Reflexionsmessung habe ich bei der Installation nur auf dem 40m-Band bei 7.1 MHz durchgeführt. Wie man oben sieht, ist die Impedanz schon leicht im induktiven Bereich. Ich habe ein paar Zentimeter zuviel abgeschnitten. Für die höheren Frequenzen wäre es günstiger gewesen, noch ein paar weitere Zentimeter dazuzugeben. Dann wäre die Impedanz bei 40m und 20m zwar leicht in den kapazitiven Bereich verschoben, dafür wäre der Blindanteil bei 15m und 10m nicht ganz so hoch geworden. Vielleicht spanne ich gelegentlich einen neuen Antennendraht auf, der etwas länger ist.
Jetzt braucht man natürlich noch eine Anpassung, damit die Impedanz zumindest in die Nähe von 50 Ω kommt. Da der IC-7300, so wie die meisten modernen Transceiver, einen eingebauten Antenntuner hat, muß der Zielwert nicht sonderlich genau getroffen werden. Der Tuner gleicht Stehwellenverhältnisse bis 3,0 aus. Das bedeutet, daß die Impedanz der Antenne innerhalb des gestrichelten Kreises zu liegen kommen muß. Zu beachten ist, daß es sich um die Impedanz an der Antenne handelt und daß das Antennenkabel eine weitere Transformation bewirkt. Dessen Transformation verläuft allerdings auch wieder auf einem Kreis um den Mittelpunkt. Wenn man innerhalb des Kreises startet, endet man auch wieder innerhalb des Kreises. Allerdings muß man den Tuner neu abstimmen, wenn ein Kabel anderer Länge angeschlossen wird.
Für eine breitbandige Transformation, hier also von 7 bis 30 MHz, kommt nur ein HF-Transformator in Frage. Alle anderen Transformationen mit Spule, Kondensator oder Leitungen funktionieren nur auf einer einzigen Frequenz. Transformatoren im Kurzwellenbereich können verlustarm mit Ringkernen aufgebaut werden. Das wurde häufig beschrieben, auch im oben schon erwähnten Beitrag von DK7ZB.
Da ich zunächst nur die Impedanz bei 7,1 MHz gemessen hatte, die im Resonanzfall bei etwa 2,4 kΩ lag, war die nicht unlogische Schlußfolgerung, daß der Trafo ein Wicklungsverhältnis von 7:1 haben müsse, um auf 50 Ohm zu transformieren. Der erste Versuch mit einem selbstgewickelten Übertrager mit 21 Windungen und einer Anzapfung bei drei Windungen (als Spartrafo) schlug fehl. Meßwerte habe ich leider nicht archiviert, aber offensichtlich machen sich Kopplungsverluste und Windungskapazitäten so stark bemerkbar, daß die Ergebnisse weit weg vom erwarteten Wert liegen. Außerdem ist das Anlöten einer Anzapfung eine Fummelei.
Im zweiten Versuch habe ich mich mit einem Wicklungsverhältnis von 4:1 begnügt, drei Windungen primär und zwölf Windungen sekundär. Damit können die 2,4 kΩ immerhin auf 150 Ω heruntertransformiert werden, was gerade noch einem Stehwellenverhältnis von 3 entspricht und vom Transceiver auf die nötigen 50 Ω angepaßt werden kann. Das hat funktioniert und zwar auch hinreichend gut auf den höherfrequenten Bändern. Hier die Meßwerte mit dem 4:1 Trafo:
Hier die dazugehörige S11 Datei:
Wie man sieht, ist die Impedanz in weiten Teilen noch in den induktiven Bereich verschoben und außerdem in den höherfrequenten Bändern noch außerhalb des zulässigen Stehwellenverhältnisses. Das lässt sich mit einem passenden Kondensator kompensieren. Ein 68 pF Kondensator parallel zum Eingang bewirkt die nachfolgend gezeigte Verschiebung:
Und wieder die dazugehörige S11 Datei:
Mit dieser Kompensation liegen nun die meisten KW-Amateurfunkbänder innerhalb des magischen SWR=3 Kreises und können so vom eingebauten Antennentuner auf die nötigen 50 Ω angepasst werden. Das 17-m-Band liegt knapp außerhalb, aber der Tuner des IC-7300 schafft das gerade noch im Normalbetrieb. Das 30-m-Band liegt deutlich außerhalb, kann aber noch im Notbetrieb (IC-7300 Emergency Mode) mit maximal 50W Ausgangsleistung verwendet werden. In diesem Notbetrieb kann der Antennentuner sogar auf den 80- und 160-m-Bändern noch eine brauchbare Anpassung finden.
Hier ein paar Fotos des fertigen Aufbaus:
Der Anpasstrafo ist in eine Elektroinstallations-Aufputzdose montiert. Nach unten ist eine SO239-Buchse zum Anschluß des Antennenkabels wasserdicht eingeschraubt. Außerdem ist nach rechts die Masse abgeführt und nach links die hochtransformierte HF.
Der Anpasseinheit ist über eine kurze Stahldrahtlitze an einem Pfosten des Balkongeländers aufgehängt. Eine passende Gelenkbolzenschelle wurde mit einer längeren Schraube versehen, auf die eine Ringschraube aufgeschraubt ist. Die Stahldrahtlitze ist mit Drahtseilklemmen verschraubt und soweit möglich wurden auch passende Kauschen eingesetzt. Alle Stahlteile sind aus V2A oder V4A Edelstahl. Das Balkongeländer ist geerdet und dient als Gegengewicht für die Antenne.
Der Halter für die Antenne und die Anpassung ist aus 8 mm Hart-PVC gefräst, auf dessen Oberseite eine kupferkaschierte Epoxy-Platine verschraubt ist.
Die Epoxy-Platine ist 2,4 mm dick und beidseitig mit 175µ Kupfer beschichtet. Nicht benötigtes Kupfer wurde weggefräst.
In diesem Foto sieht man auch den bewickelten Ringkern vom Typ Amidon FT140-77. Da Ringkerne ja nach verwendetem Material einen niedrigen ohmschen Widerstand haben, wurde er hier mit Teflonband umwickelt. Das gibt es für wenig Geld in der Wasserinstallationsabteilung im Baumarkt. Es sind primär drei und sekundär zwölf Windungen aufgebracht. Unterhalb des Ringkerns, hier nicht zu sehen, ist der 68-pF-Kondensator angelötet.
Obwohl die Antenne nun fest montiert und seit einigen Monaten im Einsatz ist, sehe ich sie nicht als Dauerlösung an. Das blanke Kupfer wird schon in Kürze korrodieren und die Drahtaufhängung wird trotz der Kauschen irgendwann das PVC verschleißen. Dann baue ich halt was neues…