Schon in früheren Beiträgen (hier, hier und hier) habe ich über Versuche zum Selbstbau von Kondensatoren geschrieben. Das Ziel war immer das gleiche, einen spannungsfesten, induktivitätsarmen und elektromechanisch einstellbaren Kondensator möglichst hoher Güte zu bauen, der in einem Antennentuner Anwendung finden soll. Die Mechanik soll dabei zuverlässig genug sein, um ihn in einem Gehäuse im Außenbereich einzusetzen, in dem es im Sommer bei direkter Sonneneinstrahlung 60°C oder 70°C warm werden kann und im Winter auch mal ‑20°C möglich sind.
Als plausible Zielwerte soll ein Einstellbereich von 10 pF bis etwa 200 pF angestrebt werden. Die Spannungsfestigkeit sollte über 1 kV liegen, besser 2 bis 3 kV, denn gerade bei hochohmigen Antennen tritt auch bei nur 100 W Ausgangsleistung schon eine recht hohe Spannung auf. Wäre schön, wenn die Güte bei mindestens 1000 läge und die Selbstinduktivität bei weniger als 30 nH. Ob diese Wünsche erfüllbar sind, muß dann ein Prototyp zeigen.
Auswahl der Materialien
Das Dielektrikum
Der einfachste Aufbau verwendet ein Luftdielektrikum. Das wurde aber verworfen, weil Luft im ungünstigsten Fall nur eine Durchschlagsfestigkeit von 400 V/mm und eine Dielektrizitätskonstante von 1 hat. Das würde einen Abstand von über 2 mm bedeuten, was eine zu geringe Kapazität oder zu hohe Baugröße bedeuten würde. Verbreitete Kunststoffe wie PVC, PC oder PE haben einen schlechten Verlustfaktor, soweit überhaupt vertrauenswürdige Werte dafür zu finden sind. So bleibt als preiswertes und gut erhältliches Dielektrikum praktisch nur PTFE übrig.
Der Kondensatorblock
Um eine möglichst hohe Güte zu erreichen, muß der Kondensatorblock aus gut leitendem Material sein. Am besten wäre wohl Kupfer, es hat aber den Nachteil der Korrosionsanfälligkeit. Diesbezüglich ist Aluminium überlegen und seine Leitfähigkeit steht dem Kupfer kaum nach. Außerdem ist das Fräsen von Aluminium zumindest für Anfänger wie mich eine echte Herausforderung. Daher soll zumindest im Prototyp Aluminium eingesetzt werden. Im Erfolgsfall könnte eine Variante aus Kupfer folgen.
Festlegung der Bauform
Einstellbare Kondensatoren sind üblicherweise als Drehkondensatoren mit mehreren Platten und Luftdielektrikum ausgeführt. Das führt bei der angestrebten Kapazität und Spannungsfestigkeit zu recht großen Abmessungen, die wiederum die Selbstinduktivität in die Höhe treiben. Der Eigenbau aus mehreren Platten und zwischengelegten PTFE-Folien erscheint mir mechanisch schwierig, besonders weil die beiden Blöcke induktivitätsarm und korrosionsfest verschraubt oder verlötet werden müssen
Daher soll der Versuch mit vielen parallelgeschalteten Zylinderkondensatoren gemacht werden, die über eine Gewindestange von einem Schrittmotor verschoben werden können. Sie sollen aus einem Aluminiumblock gefräst werden und somit die Kontaktierungsprobleme minimieren. Die Abmessungen und damit die Selbstinduktivität können so im Rahmen gehalten werden. Die unten gezeigten 3D-Modelle sollen die Idee verdeutlichen.
Die beiden Blöcke werden nach alter Väter Sitte als Männchen und Weibchen bezeichnet. Wie im richtigen Leben bekommen die Männchen Kondome, allerdings nicht aus Latex. PTFE-Schläuche mit einem Innendurchmesser von 3 mm und einem Außendurchmesser von 4 mm sind leicht und preiswert erhältlich. Damit ist dann der Abstand der Kondensatorzylinder auf 0,5 mm zuzüglich einer kleinen Toleranz von etwa 0,2 mm festgelegt.
Wenn ein solcher Stift mit 3 mm Durchmesser und PTFE-Überzug 15 mm in sein Gegenstück eingeführt wird, hat dieser Zylinderkondensator eine Kapazität von etwa 4 pF. Fünfzig parallelgeschaltete Kondensatoren dieser Art kommen dann zusammen auf 200 pF. Die parasitäre Induktivität der Kondensatoren ist auch parallelgeschaltet, was in Summe zu einer relativ niedrigen Induktivität führen sollte. Bei 200 pF und 30 nH sollte die Selbstresonanzfrequenz bei über 60 MHz liegen, also außerhalb der klassischen Kurzwellenbänder.
Ein allererster Prototyp
Einen allerersten Prototypen, der gleichzeitig eine Einführung in die Grundlagen des Aluminiumfräsens war, zeigt das nachfolgende Foto. Es ist ein „Proof of Concept“.
Die Messungen zeigen eine Kapazität von 15 pF bei ganz eingeschobenem Kondensator und gut 4 pF bei fast komplett ausgezogenem Kondensator.
Die Selbstresonanzfrequenz liegt bei 330 MHz, was eine parasitäre Induktivität von etwa 15 nH bedeutet.
Lehren zum Fräsen von Aluminium
Es gibt viele verschiedene Aluminiumlegierungen und etliche davon sind schwierig zu Fräsen. Das liegt im wesentlichen daran, daß sie einen niedrigen Schmelzpunkt haben und ohne Kühlung und Schmierung ganz schnell den Fräser verkleben. Ich habe mich für die relativ preisgünstig erhältliche Legierung AW-5083 (AlMg4,5Mn) entschieden. Davon habe ich zwei Platten der Abmessung 200 mm x 300 mm besorgt, eine 15 mm dick, die andere 20 mm.
AW-5083 gilt als gut zerspanbar. Das kann ich bestätigen, wenn man die Späne gründlich absaugt und so auch durch den Luftstrom des Staubsaugers für Kühlung sorgt. Wenn die Taschen aber tiefer werden und die Späne nicht schnell genug abgesaugt werden, geschieht das Unglück, der Fräser verklebt. Wenn man die Fräse über den Not-Ausschalter sofort stoppt, hat man eine Chance den Fräser und das Werkstück zu retten. Das Herauskratzen des nun wieder erstarrten Aluminiums ist aber kein Vergnügen und schadet natürlich auch den Schnittkanten des Fräsers. Mancher Fräser war danach schrottreif.
Kühlen hilft. Mangels Mindermengenschmierung sitze ich dann mit einer Sprühflasche mit reinem oder mit Wasser verdünntem Isopropanol daneben und sprühe alle paar Sekunden den Fräser ein. Der Nachteil ist dabei, daß die Späne nicht mehr ganz so leicht abzusaugen sind, also auch nicht ideal. Am besten wird wohl eine Mindermengenschmierung funktionieren, die mit viel Luftdruck die Späne wegbläst und durch Zugabe geringer Mengen Schmierstoffs den Fräser schmiert und kühlt. Das wird eine meiner nächsten Anschaffungen sein, bedingt allerdings eine Umhausung, wenn man nicht anschließend das ganze Zimmer reinigen will.
Der zweite Prototyp
Die Idee beim zweiten Prototyp war nun, zu Bohren statt zu Fräsen. Die Hoffnung war, daß dadurch die Späne besser wegtransportiert werden, besonders bei tieferen Bohrungen. Die Frässpindel ist für einen normalen HSS-Bohrer zu schnell, also habe ich die Bohrmaschine eingespannt. Sie hat dieselbe 43-mm-Eurohalsaufnahme wie die Spindel. Das kann man als totalen Fehlversuch beurteilen. Die Bohrmaschine ist deutlich weniger stabil als die Frässpindel und der HSS-Bohrer ist zu lang und läuft weg. Die Bohrlöcher liegen damit zu weit außerhalb der Toleranz. Dennoch soll das Ergebnis hier gezeigt werden, auch aus Fehlversuchen lernt man.
Auf dem Foto nicht ganz deutlich zu erkennen ist, daß die Bohrungen um geschätzt bis zu einem halben Millimeter neben der gewünschten Position liegen. Die Männchen sind deutlich maßhaltiger, denn sie sind mit der Spindel gefräst, nicht gebohrt. Aber an den Riefen sieht man, daß sich dann doch ein Stück Alu am Fräser festgesetzt hat. Die Zustellung betrug 1 mm und so sieht man alle 1 mm eine Riefe, die auch beim Schlichtdurchgang nicht mehr entfernt werden konnte. Naja, kein Meisterwerk, noch lange nicht.
Die Maßhaltigkeit ist so schlecht, daß nicht alle Stifte mit einem Schlauch überzogen werden können. Bei den gezeigten vier überzogenen Stiften lassen sich die Teile aber gut einstecken und wieder ausziehen, ohne daß es zu Kurzschlüssen kommt. Damit kann auch dieser Prototyp ausgemessen werden.
Bei komplett eingeschobenem Kondensator sind die Stifte etwa 15 mm tief eingesteckt. Bei der gezeigten Messung sind nur vier Zylinder mit PTFE überzogen, die anderen haben Luft als Dielektrikum. Es ergibt sich eine Kapazität von etwa 160 pF und eine Selbstresonanzfrequenz von 76 MHz, entsprechend einer parasitären Induktivität von knapp 30 nH. Mit PTFE auf allen Stiften sollte die Kapazität auf etwa 250 pF steigen und die Induktivität müsste annähernd gleichbleiben. Die Selbstresonanzfrequenz sinkt damit unter knapp 60 MHz, was für den geplanten Einsatzzweck reichen sollte. Die Ergebnisse sind also ermutigend.
Verbesserungen für den nächsten Durchgang
Für das Weibchen scheint Bohren die einzige machbare Methode zu sein. Ich habe VHM-Bohrer mit passendem Durchmesser von 4,2 mm besorgt und werde es mit der Frässpindel statt der Bohrmaschine probieren. Kühlung und Schmierung sind sicher unbedingt nötig, sonst sind die Bohrer schnell hinüber. Wenn notwendig, kann man am Ende noch einen Schlichtarbeitsgang mit einem passenden Fräser anfügen. Da fallen nicht mehr viele Späne an.
Beim Männchen kann man prinzipiell auch durch Bohren schon eine Menge Material abtragen, bevor man mit dem Fräsen beginnt. Das dauert allerdings, daher ist der oben gezeigte Prototyp komplett gefräst, ohne vorher zu Bohren. Das ging mit einem Zweischneider von 3mm Durchmesser und einer Schneidenlänge von 20 mm auch ganz gut. Die Späne müssen allerdings sofort abgesaugt werden, was hier nicht ganz gelungen ist. Beim nächsten Versuch werde ich die Abstände etwas vergrößern, nämlich auf 6,2 mm so daß eine Schlichtzugabe von 0,2 mm möglich ist.
Wird fortgesetzt…