Vorüberlegungen
Die Historie
Vor knapp zehn Jahren habe ich mir meinen ersten Spektrumanalysator (SA) gekauft, einen DSA815-TG der Firma Rigol. Es ist ein für Amateurzwecke recht brauchbares Gerät, das damals knapp 1500 Euro gekostet hat und heute immer noch für gut 1000 Euro verfügbar ist. Er hat allerdings seine Schwächen. Die kleinste Auflösungsbandbreite (RBW) war seinerzeit 100 Hz, konnte durch einen Softwareupdate aber auf 10 Hz reduziert werden. Das ist garnicht so schlecht, damit kann man arbeiten. Als störend erweist sich aber das relativ hohe Phasenrauschen insbesondere beim Messen von Oszillatoren. Das Datenblatt gibt für einen Abstand von 10 kHz einen Wert <-80dBc/Hz an. Es wird schlechter, je näher man an den Träger kommt. Das ist, wenn überhaupt, nicht viel besser als das Phasenrauschen eines selbstgebauten Oszillators. Den kann man daher nicht qualifiziert messen, denn man kann das Phasenrauschen des Oszillators nicht von dem des SA unterscheiden.
Ein weiterer kleiner Nachteil ist die Maximalfrequenz von 1,5 GHz. Das ist natürlich für alle Kurzwellenbänder inklusive 2 m und 70 cm völlig ausreichend. Auf den ersten Blick reicht es auch für 23 cm, aber es kann ein Nachteil sein, daß man da nicht einmal die zweite Oberwelle geschweige denn die oft wichtigere dritte Oberwelle beobachten kann. Der Trackinggenerator ist ein hilfreiches Werkzeug, um s21-Parameter und mit einem externen Richtkoppler auch s11-Parameter zu messen, wenn auch beide nur skalar und nicht vektoriell. Will man beispielsweise ein Bandpassfilter für das 23 cm Band messen, dann ist es sehr hilfreich, deutlich über die Bandgrenzen hinauszugehen und nicht gleich am Bandende schon blind zu sein.
Der heutige Stand der Technik
Kurz und gut, ich brauche einen neuen Spektrumanalysator! Für Amateurzwecke und Amateurbudgets kommen nur Geräte chinesischer Provenienz in Frage, darunter besonders die von Rigol und Siglent. Bei beiden Herstellern kann man aus einem breiten Preis- und Leistungsspektrum auswählen. Die erste Frage, die jeder für sich selber klären muß, ist die, ob ein vektorieller Netzwerkanalysator (VNA) eingebaut sein soll. Einen Trackinggenerator haben die meisten Geräte sowieso eingebaut und auch freigeschaltet. Da ist es zum VNA nicht mehr weit, aber ob der Aufpreis gerechtfertigt ist, muß jeder selber entscheiden.
Da ich bereits einen bis 1,3 GHz gut funktionierenden VNA (von DG8SAQ) habe und mich die technischen Daten der SA mit VNA nicht wirklich überzeugt haben, habe ich mich auch wegen des Aufpreises von etwa 600 Euro gegen den eigebauten VNA entschieden. Für etwa 660 Euro gibt es den LibreVNA, der immerhin bis 6 GHz nutzbar ist. Letztlich habe ich mich daher für den Siglent SSA3032X Plus ohne eingebauten VNA entschieden, der gerade so in das verfügbare Budget gepasst und meine Anforderungen erfüllt hat.
Daves Vorarbeit
EEVblog-Dave hat in einem seiner sehenswerten und unnachahmlichen Videos den Siglent SSA3021X mit dem Rigol DSA815 (Video #891) verglichen und in einem weiteren Video (#892) auch den SSA3021X aufgeschraubt. Der Siglent SSA3021X ist funktional weitgehend identisch mit dem SSA3032X Plus. Er ist allerdings auf 2.1 GHz limitiert, hat kein Webinterface und keinen Touchscreen.
Vergleichsmessungen des SSA3032X Plus gegenüber dem DSA815-TG
In diesem Beitrag werde ich einige Vergleichsmessungen der beiden genannten Geräte durchführen und die jeweiligen Meßergebnisse per Screenshot darstellen. Als Meßobjekte wurde der Amateurfunktransceiver IC-7300 und verschiedene Testschaltungen verwendet, die sich noch in der Bastelkiste fanden. Letztere erheben keinerlei Anspruch auf technische Meisterleistungen. Ganz im Gegenteil, es sind zum Teil gefräste Prototypen mit unterdurchschnittlicher Performance. Gerade deshalb eignen sie sich aber gut, um als Vergleichsobjekte zu dienen.
Damit dieser Artikel nicht überladen wird, verschiebe ich die ursprünglich geplanten Reflexions- und Transmissionsmessungen mit dem jeweils eingebauten Trackinggenerator auf einen zweiten Teil. Hier werden also nur Spektren gemessen.
Rauschpegel bei offenem Eingang
Genau wie Dave in seinem Video, schließe ich erst mal garnichts an. Hier ist also das dargestellte Rauschen bei offenem Eingang, jeweils für RBW=VBW=1MHz (gelb), 100 kHz (rot) und 10 kHz (blau).


Dave spricht beim Rigol von ‑65 dBm, ‑75 dBm und ‑85 dBm und beim Siglent von ‑85 dBm, ‑90 dBm und ‑100 dBm (@ RBW=1 MHz, 100 kHz und 10 kHz), zumindest am Anfang des jeweiligen Frequenzbereiches. Das kann ich für den Rigol bestätigen, aber nicht ganz für den Siglent. Da messe ich jeweils etwa 2 bis 5 dB schlechtere Werte. Wie auch Dave schon feststellt, ist der Frequenzgang beim Siglent glatter als beim Rigol.
Die nächsten beiden Screenshots zeigen dieselben Messungen mit eingeschaltetem Vorverstärker (preamplifier, PA).


Hier bestätigen sich die von Dave gemessenen Werte zumindest annähernd: ‑90 dBm, ‑100 dBm und ‑110 dBm beim Rigol und ‑102 dBm, ‑108 dBm und ‑120 dBm beim Siglent. Bei den ‑120 dBm muß ich aber schon beide Augen zudrücken.
Dennoch ist der Siglent sowohl mit als auch ohne PA 10 bis 15 dB besser. Und nicht vergessen, Dave hat den SSA3021X gemessen und nicht den SSA3032X-Plus.
Spektrum einer DDS mit AD9834
Ein kleiner Versuchsaufbau mit einer AD9834 DDS Schaltung (10-bit DAC) wird mit einem 75 MHz Quarzoszillator außerhalb seiner Spezifikation betrieben, die für die gewählte Variante AD9834BRU eigentlich nur 50 MHz zulässt. Die Ausgangsfrequenz ist auf 10,7 MHz eingestellt. Das Tiefpassfilter am Ausgang ist nicht optimiert, wie die Breitband Spektralanalyse zeigt. Beide Geräte können eine Tabelle der gemessenen Peaks anzeigen:


Man erkennt die DDS-Taktfrequenz von 75 MHz, die eingestellte Ausgangsfrequenz von 10,7 MHz, die jeweiligen Spiegelfrequenzen bei 75 MHz +/- 10,7 MHz.
Nachfolgend soll nur das Spektrum um 10,7 MHz mit verschiedenen Band- und Spannbreiten untersucht werden. Beginnen wir bei einer Spannbreite von 1 MHz und einer RBW=VBW von 30 Hz:


Beide Geräte sehen den Träger bei 10,7 MHz und etwa ‑9,5 dBm. Die geringen Abweichungen sind irrelevant und sie ändern sich bei jedem der Geräte mit jedem Durchgang. Beide Geräte sehen auch die Spuren bei +/- 400 kHz bei knapp ‑90 dBm.
Eine weitere Spur bei 10,6 MHz sieht aber nur der Rigol deutlich, beim Siglent verschwindet sie im Rauschen. Außerdem steigt das Rauschen beim Siglent stärker an, als beim Rigol, je näher man dem Träger kommt. Bei ‑80 dBm erreicht es ein Maximum und sinkt in unmittelbarer Nähe zum Träger wieder auf etwa ‑90 dBm ab. Dieses Verhalten wurde vom Hersteller Siglent auf Nachfrage bestätigt. Es ist auch nicht auf diese Einstellungen beschränkt, sondern es tritt technologiebedingt auch bei anderen Frequenzen auf. Das ist ein echter Wehrmutstropfen und ich war kurz davor, das Gerät zurückzugeben. Daß ich es nicht getan habe, liegt im wesentlichen daran, daß ich für ein ähnlich ausgestattetes Gerät von Rigol nochmal 1k€ hätte drauflegen müssen. Man wird also wohl oder übel in dieser Preisklasse doch ein paar Abstriche machen müssen.
Der Rigol zeigt das Verhalten, das man erwartet: das Phasenrauschen steigt mit der Nähe zum Träger.
Hier noch die Siglent-Messung mit einer Peak-Tabelle:

Hier die Messungen mit 100 kHz Spannbreite und RBW=100 Hz:


Es ist auch jeweils der Rauschpegel im 10 kHz Abstand dargestellt. Er ist in beiden Fällen konsistent zur Breitbandmessung, unterscheidet sich aber um mehr als 12 dB. Der Unterschied ist mit dem deutlich schlechteren Phasenrauschen des Rigol zu erklären. Er ist mit <-80 dBm/Hz im 10 kHz Abstand spezifiziert, was bei der eingestellten RBW von 100 Hz 20 dB mehr, also ‑60 dBm erwarten lässt. Anders ausgedrückt: ein guter Teil des beim Rigol gezeigten Rauschens kommt von seinem eingebauten Oszillator. Hier würde ich also dem Siglent mehr vertrauen, wenngleich der Abfall der Rauschens in Trägernähe auch in dieser Auflösung noch deutlich zu sehen ist.
Nachfolgend noch ohne Kommentare weitere Schmalbandmessungen mit Spannbreiten von 10 kHz:


…und 1 kHz:


Bei diesen sehr schmalbandigen Messungen kommt das geringe Phasenrauschen des Siglent voll zur Geltung. Statt ‑61 dBc beim Rigol sehen wir hier knapp ‑84 dBc im Abstand von 100 Hz zum Träger. Außerdem ist zu beachten, daß der Rigol bei diesen Einstellungen 100 Sekunden pro Sweep benötigt, der Siglent aufgrund der FFT aber nur 0,338 Sekunden. Da macht das Messen Spaß! Auch aus diesem Grund wollte ich das Gerät dann doch nicht wieder hergeben.
Darüberhinaus gestattet der Siglent Messungen mit RBW=VBW=1Hz und mit einer Spannbreite von 100 Hz erhält man dann folgendes hochaufgelöste Meßergebnis:

Nach dieser Messung ist das Phasenrauschen im Abstand von 10 Hz also ‑84 dBc.
Messungen des Sendesignals eines ICOM IC-7300 Transceivers
Um auch die Meßergebnisse eines hochwertigen Signals zu zeigen, habe ich das Ausgangssignal eines IC-7300 Transceivers von ICOM gemessen. Er wurde bei 10,125 MHz auf niedrigste Sendeleistung 1% eingestellt, was etwa 1 Watt, also 30 dBm entsprechen sollte. Der Spektrumanalysator wurde über einen 30 dB Abschwächer und einen weiteren 10 dB Abschwächer angeschlossen, so daß am Eingang etwa ‑10 dBm anliegen. Alle Messungen sind in der Betriebsart AM durchgeführt worden, wobei optional ein 2 kHz Sinussignal an den Audioeingang angelegt wurde. Es wird vom PC gespeist, dessen Audiopegel auf 15% oder 71% eingestellt wurde. Das sind willkürliche und relative Pegel, die keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen absoluten Signalpegel zulassen.
Der unmodulierte Träger wird mit etwa ‑8 dBm angezeigt, was also +32 dBm Eingangspegel vor den Abschwächern entspricht. Das wären 1,6 Watt, was in der Betriebsart AM aber nur 50% der Ausgangsleistung sind. Tatsächlich entspricht damit die eingestellte Ausgangsleistung von 1% also tatsächlich 3 Watt. Das ist in Ordnung, gerade im unteren Bereich ist die Einstellung der Ausgangsleistung sicher nicht sehr genau.
Der Übersichtlichkeit halber sind die Meßergebnisse nachfolgend als Galerie eingefügt. Klicken auf eine Messung öffnet das jeweilige Bild in voller Auflösung in einem neuen Tab.












Der SSA3032X-Plus kann Spektren auch als Wasserfalldiagramm darstellen. Das ist besonders hilfreich bei Signalen mit kleinen Pegeln. Man erkennt optisch sehr schnell, wo noch „Schmutz“ im Spektrum ist.

Diese Messung zeigt das mit 2 kHz sehr schwach AM-modulierte Signal. Man erkennt deutlich die Seitenbänder im Abstand von 2 kHz, aber auch winzige Seitenbandsignale um den Träger herum. In der Darstellung des Spektrums würde man sie wahrscheinlich als unkorreliertes Phasenrauschen übersehen.
Abschließend noch das Breitbandspektrum zwischen 1 MHz und 40 MHz:


Beide Geräte erkennen neben dem Träger auch die zweite und dritte Oberwelle. Es gibt eine Diskrepanz über die jeweiligen Pegel, was mutmaßlich der relativ hohen Auflösungsbandbreite von 1 kHz geschuldet ist. Besonders beim Rigol führen geringe Auflösungsbandbreiten aber zu sehr langen Meßzeiten, was ich hier vermeiden wollte.
Außerdem fällt auf, daß der Rauschpegel unterhalb von etwa 18 MHz um 10 bis 15 dB erhöht ist. Das ist mutmaßlich auf ein Ausgangsfilter im IC-7300 zurückzuführen.
Zusammenfassung
Im Vergleich zur vorherigen Generation, zu der ich den Rigol DSA815-TG zähle, haben die Siglent SSA3000X Spektrumanalysatoren erhebliche Fortschritte gemacht. Die Bildschirmauflösung ist von 800×460 Pixeln und 8″ Display auf 1024×600 Pixel und ein 10.1″ Touch-Display gestiegen, die Meßgeschwindigkeit wurde durch die eingebaute FFT enorm erhöht und die Auflösungsbandbreite wurde auf 1 Hz reduziert. Gleichzeitig wurde das Phasenrauschen um mindestens 15 dB reduziert, beim Rigol waren es ‑80 dBc/Hz, beim Siglent ‑95 dBc/Hz, jeweils im 10 kHz Abstand.
Ein nicht leicht zu verdauender Wehrmutstropfen ist die oben gezeigte mindestens 10 dB Rauschüberhöhung im Abstand von +/- 50 kHz zum Träger. Das mag für die eine oder andere Anwendung ein K.O.-Kriterium sein. Ich denke aber, daß sich in der Preisklasse zur Zeit nichts besseres finden lässt. Wenn man das Verhalten kennt, wird man damit leben können, zumal der Effekt geringer wird, wenn der Träger aus dem Sichtfeld bewegt wird.
Trotz der oben beschriebenen Schwäche würde ich den SSA3032X Plus, bzw. einen seiner Geschwister, den SSA3015X Plus, SSA3021X Plus oder gar den SSA3075X Plus empfehlen.
Vorschau auf Teil 2
Im nächsten Teil werde ich einige Messungen mit den eingebauten Trackinggeneratoren zeigen. In der Bastelkiste finden sich ein paar gefräste Filterschaltungen, z.B. ein 1,4 GHz Streifenleitungsfilter und ein 800 MHz Bandpaßfilter. Beide Filter wurden mit dem Ansoft Designer SV2 entworfen und auf FR‑4 Basismaterial gefräst. Auch ein Filter mit eingebautem MMIC Verstärker sollte für Beispielmessungen verwendbar sein.
Mit einer ebenfalls auf FR‑4 gefrästen 23 cm Patch-Antenne und einem externen Richtkoppler werde ich Reflexionsmessungen durchführen.