Bevor die Tage deutlich kürzer werden und das Wetter wieder unangenehm kühl wird, will ich meine provisorische endgespeiste Drahtantenne durch eine stabilere Konstruktion ersetzen. Wie hier schon angedeutet, soll der Strahler länger werden und ein definiertes Gegengewicht anstatt des jetzigen am Balkongeländer geerdeten Pigtails angeschlossen werden. Dieser erste Teil beschreibt die Planung und die Simulation der Antenne. Im zweiten Teil soll der tatsächliche Aufbau und die Messung mit einem VNWA beschrieben werden. Die dann tatsächlich implementierten Dimensionen werden in eine angepasste 4nec2-Simulation einfließen, aus der dann die elektrischen und magnetischen Felddaten für den Wattwächter (ein kostenfreies Programm der Bundesnetzagentur zur Bewertung von Amateurfunkstellen) extrahiert werden. Damit wird die Antenne dann bei der Bundesnetzagentur, dem dafür zuständigen Amt, angemeldet.
Vorüberlegungen
Eine einfache Drahtantenne, die auf allen gewünschten Bändern resonant ist, gibt es nicht. Daher soll auch bei der neuen Antenne wieder ein Tuner für die Abstimmung sorgen. Mein selbstgebauter Tuner funktioniert zwar hinreichend gut, aber ich wollte auch immer schon mal einen kommerziellen Tuner ausprobieren. Daher habe ich den zu meinem IC-7300 passenden AH-730 von ICOM besorgt. Er soll fast jeden Draht ab 7 m Länge auf allen Kurzwellenbändern inklusive 160 m und 6 m anpassen können. Vielfache von λ/2 sollen aber vermieden werden, denn dann geht der Strahlungswiderstand gegen unendlich, was von keinem Tuner mehr mit vernünftigem Aufwand angepaßt werden kann. Die Spannung müsste dann zu hoch werden. Die Dokumentation des AH-730 weist ausdrücklich darauf hin, solche Längen zu vermeiden.
Die Planung
Die Antenne soll vom Balkon aus gespeist werden, weil dort das Antennenkabel vom Transceiver ankommt und dort auch der Antennenumschalter installiert ist. Die Ausdehnung des Grundstücks lässt vom Balkon aus in Südrichtung etwa 25 m Länge zu, in Nordrichtung etwa 8 m. Wegen der notwendigen Abspannung der Masten muß ich mindestens drei Meter Abstand zu der jeweiligen Grundstücksgrenze halten. Das ist nicht zuletzt auch für die Anmeldung bei der Bundesnetzagentur notwendig. Die Antenne soll mit moderaten 100 Watt betrieben werden. Keine sehr hohe Leistung, aber eben deutlich mehr als die nach BEMFV anmeldefreien 10 W EIRP. Da hilft es immer, wenn der Abstand zum unkontrollierten Bereich möglichst groß ist.
Im Moment habe ich als Provisorium einen 20 m langen Draht installiert, der für 160 m und 80 m eigentlich zu kurz ist. Um die Drahtlänge zu erhöhen, sollen beide Schenkel gefaltet werden, so wie es bei dem 17‑m und 15-m-Faltdipol erfolgreich ausprobiert wurde. Wegen der geometrischen Umstände werden die beiden Schenkel ungleich lang. Die Längen wurden so gewählt, daß sie auf keinem der Kurzwellenbänder ein Vielfaches von λ/2 lang sind. Hier ist ein einfaches LibreOffice Spreadsheet, mit dem die „guten“ und „schlechten“ Drahtlängen berechnet werden können:
Die folgende, nicht maßstabsgetreue Skizze zeigt die Dimensionierung der geplanten Antenne:
Der südliche Draht ist nun insgesamt 32,20 m lang, der nördliche 10,60 m. Beide Längen liegen in einem „guten“ Bereich, sie sind kein Vielfaches von λ/2 auf einem der Amateurfunkbänder. Der tatsächliche Aufbau wird zeigen, ob alles paßt. Zunächst aber mal zur Simulation.
Simulation mit 4nec2
Hier ist die Eingabedatei für die 4nec2-Simulation:
Breitbandsimulation
Die Breitbandsimulation von 1 MHz bis 30 MHz zeigt ausgeprägte Resonanzen am unteren Ende des 80-m-Bandes und unterhalb des 40-m-Bandes. Weitere Resonanzen bei höheren Frequenzen sind weiter von 50 Ω entfernt und weisen daher ein schlechteres Stehwellenverhältnis auf.


Die Simulation von 3 MHz bis 8 MHz zeigt die Resonanzen etwas genauer.


Durch Kürzen des südlichen Antennendrahtes um etwa 2 m lassen sich diese Resonanzen leicht in das 80-m- und 40-m-Band schieben, so daß dort das Stehwellenverhältnis auf unter 2 sinkt. Auf diesen beiden Bändern wäre die Antenne dann ohne Tuner betreibbar. Das führt aber dazu, daß der Wirkwiderstand im 20-m‑, 10-m- und 6‑m-Band auf über 1 kΩ steigt. Auch das Spreadsheet zeigt bei dieser Drahtlänge genau für die genannten Bänder „rot“. Die Anpassung dürfte dann schwierig werden. In der jetzigen Konfiguration sind nun allerdings die 17-m- und 12-m-Bänder grenzwertig. Man kann wohl nicht alles haben, eventuell muß ich den Draht später doch noch kürzen.
Schmalbandsimulation
Nachfolgend zur Dokumentation die Schmalbandsimulationen für alle Amateurfunkbänder auf Kurzwelle:
























Im 17-m-Band liegt der Wirkwiderstand zwischen 1 und 2 kΩ, im 12-m-Band bei etwa 1 kΩ. Die Drahtlänge von 32,20 m ist im 17-m-Band nahe bei 4×λ/2 und im 12-m-Band bei knapp 6×λ/2. Die Praxis muß zeigen, ob das funktioniert. Probleme wären nicht weiter verwunderlich. Man sollte immer im Kopf behalten, daß 100 Watt Sendeleistung an einem 2 kΩ Widerstand eine Spannung von 450 V am Speisepunkt bedeuten (√(P×R)).
Das andere Extrem bildet das 60-m-Band und das 160-m-Band ab. Auf diesen Bändern liegt der Wirkwiderstand bei 10 Ω bis 20 Ω. Beides sollte gut mit einem Antennentuner abstimmbar sein, daher erwarte ich dort keine Probleme.
Die Antennenmasten
Als Antennenmasten sollen zwei 12-m-Glasfasermasten zum Einsatz kommen. Einer davon steht bereits seit drei Jahren im Garten und soll nun etwas versetzt und besser abgespannt werden. Der zweite ist ein Neukauf und besteht nur aus sieben Elementen. Wegen der Hanglage wird der südliche Mast mit seinen zwölf Elementen auf etwa 10 m über dem Boden ausgezogen, der obere mit sieben Elementen auf 6 m. Ihre Spitzen werden dann etwa dieselbe Höhe haben und die Antennendrähte sollen horizontal verlaufen.
Der Hersteller der Masten empfiehlt und vertreibt selber gewöhnliche Schlauchschellen aus Edelstahl zum Fixieren der einzelnen Rohre. Sie werden mit Schrumpfschlauch ummantelt und klemmen so die Rohre gegen Verschieben fest. Das funktioniert soweit, aber ich finde es suboptimal und „gebastelt“. Außerdem brauche ich Elemente zum Abspannen des Mastes und zum Halten der Rollen, auf denen der Antennendraht aufgespannt wird. Das ist eine lohnende Aufgabe für eine CNC-Fräse.
Daher habe ich die nachfolgend beschriebenen Elemente aus einer 20 mm dicken Hart-PVC-Platte herausgefräst. Der Innendurchmesser ist für das jeweilige Segment angepasst und zwar derart, daß noch eine passend zurechtgeschnittene 2 mm dicke Gummiunterlage als Schutz dazwischen geklemmt werden kann. Die Klemmen werden mit einer 4‑mm-Schraube auf dem jeweiligen Segment festgeklemmt. Die Ausfräsungen sind notwendig, damit die Klemme hinreichend biegbar wird.
Eine Segmentklemme dient zum Festklemmen eines Segments des Antennenmasts. Sie ersetzt die Schlauchschelle.
Eine Segmentklemme mit Haltern klemmt einerseits das Segment fest und hat zusätzlich noch im 120°-Winkel zwei Halter für Abspannseile.
Eine Segmentklemme mit Rollenhalter hat zwei lange Ausleger, zwischen denen eine Rolle befestigt wird.
Die seitlichen Bohrungen für die Klemmschraube und die Halter werden in einem zweiten Arbeitsschritt manuell seitlich ausgeführt.
Die beiden Rollen an jedem Mast bestehen aus einer inneren 3 mm dicken PVC-Scheibe mit 50 mm Durchmesser und zwei äußeren Scheiben mit 70 mm Durchmesser. Sie sind verklebt und zusätzlich verschraubt. Sie werden mit einem durchgesteckten 6‑mm-Messingrohr an dem oben gezeigten Rollenhalter befestigt. Dieses Messingrohr hat einen Innendurchmesser von 4 mm und wird mit einer durchgehenden 4‑mm-Schraube mit Stoppmutter gehalten. Das Messingrohr bildet so ein Gleitlager, auf dem sich die Rolle frei drehen kann.
Die Rollen sind im Abstand von 195 cm am Mast befestigt, so daß die Antennendrähte den geplanten Abstand von 2 m voneinander haben.
Damit dürfte die Planung und die Vorbereitung hinreichend beschrieben sein. In den nächsten Tagen geht’s an den Aufbau. Die Erfahrungen werde ich im zweiten Teil beschreiben.