Bevor die Tage deutlich kürzer werden und das Wetter wieder unangenehm kühl wird, will ich meine provisorische endgespeiste Drahtantenne durch eine stabilere Konstruktion ersetzen. Wie hier schon angedeutet, soll der Strahler länger werden und ein definiertes Gegengewicht anstatt des jetzigen am Balkongeländer geerdeten Pigtails angeschlossen werden. Dieser erste Teil beschreibt die Planung und die Simulation der Antenne. Im zweiten Teil soll der tatsächliche Aufbau und die Messung mit einem VNWA beschrieben werden. Die dann tatsächlich implementierten Dimensionen werden in eine angepasste 4nec2-Simulation einfließen, aus der dann die elektrischen und magnetischen Felddaten für den Wattwächter (ein kostenfreies Programm der Bundesnetzagentur zur Bewertung von Amateurfunkstellen) extrahiert werden. Damit wird die Antenne dann bei der Bundesnetzagentur, dem dafür zuständigen Amt, angemeldet.
Vorüberlegungen
Eine einfache Drahtantenne, die auf allen gewünschten Bändern resonant ist, gibt es nicht. Daher soll auch bei der neuen Antenne wieder ein Tuner für die Abstimmung sorgen. Mein selbstgebauter Tuner funktioniert zwar hinreichend gut, aber ich wollte auch immer schon mal einen kommerziellen Tuner ausprobieren. Daher habe ich den zu meinem IC-7300 passenden AH-730 von ICOM besorgt. Er soll fast jeden Draht ab 7 m Länge auf allen Kurzwellenbändern inklusive 160 m und 6 m anpassen können. Vielfache von λ/2 sollen aber vermieden werden, denn dann geht der Strahlungswiderstand gegen unendlich, was von keinem Tuner mehr mit vernünftigem Aufwand angepaßt werden kann. Die Spannung müsste dann zu hoch werden. Die Dokumentation des AH-730 weist ausdrücklich darauf hin, solche Längen zu vermeiden.
Die Planung
Die Antenne soll vom Balkon aus gespeist werden, weil dort das Antennenkabel vom Transceiver ankommt und dort auch der Antennenumschalter installiert ist. Die Ausdehnung des Grundstücks lässt vom Balkon aus in Südrichtung etwa 25 m Länge zu, in Nordrichtung etwa 8 m. Wegen der notwendigen Abspannung der Masten muß ich mindestens drei Meter Abstand zu der jeweiligen Grundstücksgrenze halten. Das ist nicht zuletzt auch für die Anmeldung bei der Bundesnetzagentur notwendig. Die Antenne soll mit moderaten 100 Watt betrieben werden. Keine sehr hohe Leistung, aber eben deutlich mehr als die nach BEMFV anmeldefreien 10 W EIRP. Da hilft es immer, wenn der Abstand zum unkontrollierten Bereich möglichst groß ist.
Im Moment habe ich als Provisorium einen 20 m langen Draht installiert, der für 160 m und 80 m eigentlich zu kurz ist. Um die Drahtlänge zu erhöhen, sollen beide Schenkel gefaltet werden, so wie es bei dem 17‑m und 15-m-Faltdipol erfolgreich ausprobiert wurde. Wegen der geometrischen Umstände werden die beiden Schenkel ungleich lang. Die Längen wurden so gewählt, daß sie auf keinem der Kurzwellenbänder ein Vielfaches von λ/2 lang sind. Hier ist ein einfaches LibreOffice Spreadsheet, mit dem die „guten“ und „schlechten“ Drahtlängen berechnet werden können:
Die folgende, nicht maßstabsgetreue Skizze zeigt die Dimensionierung der geplanten Antenne:
Dimensionierung der gefalteten Langdrahtantenne
Der südliche Draht ist nun insgesamt 32,20 m lang, der nördliche 10,60 m. Beide Längen liegen in einem „guten“ Bereich, sie sind kein Vielfaches von λ/2 auf einem der Amateurfunkbänder. Der tatsächliche Aufbau wird zeigen, ob alles paßt. Zunächst aber mal zur Simulation.
Simulation mit 4nec2
Hier ist die Eingabedatei für die 4nec2-Simulation:
Die Breitbandsimulation von 1 MHz bis 30 MHz zeigt ausgeprägte Resonanzen am unteren Ende des 80-m-Bandes und unterhalb des 40-m-Bandes. Weitere Resonanzen bei höheren Frequenzen sind weiter von 50 Ω entfernt und weisen daher ein schlechteres Stehwellenverhältnis auf.
Simulationsergebnis der Langdrahtantenne, SWR zwischen 1 und 30 MHzSimulationsergebnis der Langdrahtantenne, Impedanz zwischen 1 und 30 MHz
Die Simulation von 3 MHz bis 8 MHz zeigt die Resonanzen etwas genauer.
Simulationsergebnis der Langdrahtantenne, SWR zwischen 3 und 8 MHzSimulationsergebnis der Langdrahtantenne, Impedanz zwischen 3 und 8 MHz
Durch Kürzen des südlichen Antennendrahtes um etwa 2 m lassen sich diese Resonanzen leicht in das 80-m- und 40-m-Band schieben, so daß dort das Stehwellenverhältnis auf unter 2 sinkt. Auf diesen beiden Bändern wäre die Antenne dann ohne Tuner betreibbar. Das führt aber dazu, daß der Wirkwiderstand im 20-m‑, 10-m- und 6‑m-Band auf über 1 kΩ steigt. Auch das Spreadsheet zeigt bei dieser Drahtlänge genau für die genannten Bänder „rot“. Die Anpassung dürfte dann schwierig werden. In der jetzigen Konfiguration sind nun allerdings die 17-m- und 12-m-Bänder grenzwertig. Man kann wohl nicht alles haben, eventuell muß ich den Draht später doch noch kürzen.
Schmalbandsimulation
Nachfolgend zur Dokumentation die Schmalbandsimulationen für alle Amateurfunkbänder auf Kurzwelle:
Im 17-m-Band liegt der Wirkwiderstand zwischen 1 und 2 kΩ, im 12-m-Band bei etwa 1 kΩ. Die Drahtlänge von 32,20 m ist im 17-m-Band nahe bei 4×λ/2 und im 12-m-Band bei knapp 6×λ/2. Die Praxis muß zeigen, ob das funktioniert. Probleme wären nicht weiter verwunderlich. Man sollte immer im Kopf behalten, daß 100 Watt Sendeleistung an einem 2 kΩ Widerstand eine Spannung von 450 V am Speisepunkt bedeuten (√(P×R)).
Das andere Extrem bildet das 60-m-Band und das 160-m-Band ab. Auf diesen Bändern liegt der Wirkwiderstand bei 10 Ω bis 20 Ω. Beides sollte gut mit einem Antennentuner abstimmbar sein, daher erwarte ich dort keine Probleme.
Die Antennenmasten
Als Antennenmasten sollen zwei 12-m-Glasfasermasten zum Einsatz kommen. Einer davon steht bereits seit drei Jahren im Garten und soll nun etwas versetzt und besser abgespannt werden. Der zweite ist ein Neukauf und besteht nur aus sieben Elementen. Wegen der Hanglage wird der südliche Mast mit seinen zwölf Elementen auf etwa 10 m über dem Boden ausgezogen, der obere mit sieben Elementen auf 6 m. Ihre Spitzen werden dann etwa dieselbe Höhe haben und die Antennendrähte sollen horizontal verlaufen.
Der Hersteller der Masten empfiehlt und vertreibt selber gewöhnliche Schlauchschellen aus Edelstahl zum Fixieren der einzelnen Rohre. Sie werden mit Schrumpfschlauch ummantelt und klemmen so die Rohre gegen Verschieben fest. Das funktioniert soweit, aber ich finde es suboptimal und „gebastelt“. Außerdem brauche ich Elemente zum Abspannen des Mastes und zum Halten der Rollen, auf denen der Antennendraht aufgespannt wird. Das ist eine lohnende Aufgabe für eine CNC-Fräse.
Daher habe ich die nachfolgend beschriebenen Elemente aus einer 20 mm dicken Hart-PVC-Platte herausgefräst. Der Innendurchmesser ist für das jeweilige Segment angepasst und zwar derart, daß noch eine passend zurechtgeschnittene 2 mm dicke Gummiunterlage als Schutz dazwischen geklemmt werden kann. Die Klemmen werden mit einer 4‑mm-Schraube auf dem jeweiligen Segment festgeklemmt. Die Ausfräsungen sind notwendig, damit die Klemme hinreichend biegbar wird.
Segmentklemme
Eine Segmentklemme dient zum Festklemmen eines Segments des Antennenmasts. Sie ersetzt die Schlauchschelle.
Segmentklemme mit zwei Haltern für die Abspannung
Eine Segmentklemme mit Haltern klemmt einerseits das Segment fest und hat zusätzlich noch im 120°-Winkel zwei Halter für Abspannseile.
Segmentklemme mit Rollenhalter
Eine Segmentklemme mit Rollenhalter hat zwei lange Ausleger, zwischen denen eine Rolle befestigt wird.
Die seitlichen Bohrungen für die Klemmschraube und die Halter werden in einem zweiten Arbeitsschritt manuell seitlich ausgeführt.
Rolle
Die beiden Rollen an jedem Mast bestehen aus einer inneren 3 mm dicken PVC-Scheibe mit 50 mm Durchmesser und zwei äußeren Scheiben mit 70 mm Durchmesser. Sie sind verklebt und zusätzlich verschraubt. Sie werden mit einem durchgesteckten 6‑mm-Messingrohr an dem oben gezeigten Rollenhalter befestigt. Dieses Messingrohr hat einen Innendurchmesser von 4 mm und wird mit einer durchgehenden 4‑mm-Schraube mit Stoppmutter gehalten. Das Messingrohr bildet so ein Gleitlager, auf dem sich die Rolle frei drehen kann.
Die Rollen sind im Abstand von 195 cm am Mast befestigt, so daß die Antennendrähte den geplanten Abstand von 2 m voneinander haben.
Damit dürfte die Planung und die Vorbereitung hinreichend beschrieben sein. In den nächsten Tagen geht’s an den Aufbau. Die Erfahrungen werde ich im zweiten Teil beschreiben.
Den hier bereits beschriebenen Faltdipol für das 17-m-Band habe ich nun gekürzt und für 15 m umgebaut. Er war auf 17 m sowieso noch nicht ganz resonant und ich hatte den Ehrgeiz, mit dem Fußpunktwiderstand näher an 50 Ω zu kommen. Das gelingt am einfachsten durch das Verkürzen der gefalteten Teile des Dipols, wodurch sich dann der nicht gefaltete Teil verlängert. Die Gesamtlänge der Strahlerhälften muß ja gleich bleiben, denn sonst verschiebt man die Resonanz. Das hätte beim 17-m-Band nicht mehr ganz auf die verfügbare Länge des Balkons gepasst.
Durch iteratives Ausprobieren haben sich nun die hier dokumentierten Dimensionen ergeben:
Hier die s11 Messwerte, gemessen mit dem DG8SAQ VNWA:
s11 Messwerte des fertig installierten 15-m-Faltdipols
Die rote Kurve zeigt die Impedanz im Smith-Diagramm und die grüne Kurve das Stehwellenverhältnis. Die blauen Kreise kennzeichnen die SWR=2 und SWR=3 Grenzen. Die Marker sind auf Bandanfang, Bandmitte und Bandende des 15-m-Bandes gesetzt. Das Stehwellenverhältnis ist über das ganze Band deutlich unter 2. Man erkennt auch, daß das Ziel erreicht wurde, möglichst nahe an eine reelle Impedanz von 50 Ω zu kommen.
Abschließend noch ein paar Fotos, die die mechanische Konstruktion zeigen.
Aufhängung an der südöstlichen Seite.
An jeder Doppelrolle ist eine Augenschraube zur Befestigung angebracht. Auf dieser Seite ist ein Drahtspanner montiert, über den die Antenne strammgezogen wird. Der Abstand zur Dachrinne beträgt nur einige Zentimeter, was mutmaßlich nicht ohne Rückwirkung auf die oben gemessene Impedanz bleibt.
Aufhängung an der nordwestlichen Seite.
Auf der nordwestlichen Seite wurde nun eine Feder eingebaut. Sie soll schlagartige Belastungen bei starken Stürmen etwas abfedern. Es ist nicht auszuschließen, daß sich dadurch bei bestimmten Frequenzen mechanische Resonanzen ergeben, die kontraproduktiv sind. Idealerweise müsste noch ein Dämpfungsglied eingebaut werden, aber man kann’s auch übertreiben. Dennoch, ich werde das beobachten.
Zugseil zwischen den gefalteten Teilen des Dipols (oben).
Zugseil und Dipol sind jeweils mit Kauschen versehen und mit Seilklemmen aus Edelstahl befestigt. Zum einfachen Lösen der Verbindung sind handelsübliche Karabinerhaken eingesetzt, natürlich ebenfalls aus Edelstahl. Es macht Spaß, mit ordentlichem Werkzeug und ordentlichen Bauteilen zu arbeiten.
Dieser Beitrag erklärt die Unterschiede symmetrischer und asymmetrischer Strom- und Spannungsquellen und Senken. Er zeigt anhand von Spice-Simulationen, was passiert, wenn die Symmetrie zwischen Quelle und Senke gebrochen wird und wie man die Folgen davon minimiert. Obwohl die Überlegungen gleichermaßen für Gleich- und Wechselspannung bzw. Gleich- und Wechselstrom jeder Frequenz gelten, ist der Einfachheit halber nachfolgend immer von Wechselspannung die Rede. Da es um Funkanwendungen geht, sollte man immer in der MHz-Kategorie denken, eher nicht an 50 Hz.
Als Masse bezeichnet man üblicherweise das Referenzpotential innerhalb einer elektronischen Einheit. Um ein geräteübergreifendes Referenzpotential zu haben, werden die Massen einzelner Geräte in der Regel zusammengeschlossen und geerdet, also mit der Gebäudeerdung verbunden.
Definition
Der Begriff Symmetrie bezieht sich hier auf das Referenzpotential, normalerweise also die Masse. Eine asymmetrische Quelle oder Senke hat die Masse als fixes Referenzpotential. Das Signal am anderen Pol wird immer gegen diese Masse gemessen und kann demgegenüber beliebige positive und negative Werte annehmen. Das Massepotential bleibt dabei immer konstant und hat definitionsgemäß eine Spannung von null Volt. Es ist also gegenüber dem Signal privilegiert und nicht austauschbar.
Asymmetrische Spannungsquelle
Bei einer symmetrischen Quelle sind beide Pole gleichberechtigt. Sie können einen Massebezug haben, müssen das aber nicht. Spannungen werden nur zwischen den beiden Polen gemessen. Sie können gegeneinander getauscht werden, wodurch sich lediglich die Phase um 180° dreht.
Symmetrische Spannungsquelle
Falls ein Massebezug der symmetrischen Quelle vorhanden ist, muß diese Masse jederzeit auf dem mittleren Potential dieser beiden Pole liegen, denn sonst ist die Quelle nicht mehr symmetrisch. Den klassischen Fall einer symmetrischen Spannungsquelle stellt ein Transformator mit zwei gleichartigen Sekundärwicklungen dar, die in der Mitte miteinander und mit der Masse verbunden sind.
Symmetrische Spannungsquelle mit Massebezug
Elektrisches Verhalten
Potentialfreie Last
Der Anschluß einer symmetrischen Last an eine symmetrische oder asymmetrische Spannungsquelle zeigt keine Überraschungen.
Simulation einer asymmetrischen Spannungsquelle
Hier wird eine 1 MHz Sinusspannung von 10Veff an einen reellen 50 Ω Widerstand angelegt. Die am Widerstand R1 umgesetzte Leistung beträgt 2 W. Daran ändert sich nichts, wenn man die Masse weglässt. Allerdings will Spice immer einen Massebezug haben, die Simulation würde ohne die Masseverbindung also scheitern.
In der Realität sind die beiden Zuleitungen zu R1 allerdings nicht ideal. Sie haben einen ohmschen Widerstand, eine Induktivität und eine Kapazität. Simulieren wir mal nur den ohmschen Widerstand und vernachlässigen wir die Impedanzen.
Simulation einer asymmetrischen Spannungsquelle und des Zuleitungswiderstands
Es wurde willkürlich ein Leitungswiderstand von 1 Ω je Leitung angenommen. Dadurch sinkt die in R1 umgesetzte Leistung auf 1,85 W. Wichtiger ist hier aber die Differenz der Ströme (rote Linie), die durch die Zuleitungen R4 und R5 fließen: diese Differenz ist null. Die Ströme sind also jederzeit völlig gleich.
Ein symmetrischer Dipol als Last
Wie sieht das nun aus, wenn wir einen symmetrischen Dipol anschließen, dessen Impedanz bei Resonanz 50 Ω reell sein soll (was bekanntlich nur annähernd stimmt), sich also von dem oben gezeigten Widerstand nicht unterscheidet. Dabei soll ein Dipol-Arm an UR11 angeschlossen werden, der andere an UR12.
Der Dipol erfüllt nicht die Erwartung, daß UR12, wenn auch über 1 Ω, auf Massepotential bleibt. Der Dipol ist frei aufgehängt und beide Pole sind gleichwertig, er ist symmetrisch. Über die galvanische Kopplung an UR11 und UR12 hinaus, ist der Dipol auch durch sein elektromagnetisches Feld mit Erde und Masse verbunden. Die Abstrahlung dieses elektromagnetischen Feldes ist ja letztlich seine Aufgabe. Es darf nicht ignoriert werden. Der Dipol generiert sich damit sein eigenes mittiges Bezugspotential und damit sieht die Realität nun folgendermaßen aus:
Simulation einer symmetrischen Last an einer asymmetrischen Spannungsquelle
Der Lastwiderstand von 50 Ω ist nun gleichmäßig in R1 und R2 von jeweils 25 Ω aufgeteilt und deren mittlere Verbindung ist über einen Widerstand R3 an die Erde gelegt. Das soll vereinfacht die elektromagnetische Kopplung des Dipols zu Erde simulieren. Die tatsächliche Größe von R3 ist für das Verständnis nicht relevant. Hier wurden 100 Ω gewählt, damit der Effekt deutlich sichtbar wird: die Ströme über R4 und R5 gleichen sich jetzt nicht mehr aus. Wenn man R5 als den Außenleiter eines Koaxkabels betrachtet, die Abschirmung, fließt nun ein Strom in diesem Mantel, ein Mantelstrom. Damit liegt die Abschirmung nicht mehr auf einem einheitlichen Potential, was bei größeren Sendeleistung zu allerlei teils überraschenden, aber unerwünschten, Effekten führt. Der auffälligste davon ist meistens die Einstrahlung in andere elektronische Geräte, wie z.B. einen PC. Wenn der bei Druck auf die Sendetaste einfriert, wenn Maus oder Tastatur verrückt spielen, dann sind meistens Mantelwellen dafür verantwortlich.
Die Rettung: ein Symmetrierer
Um diese Mantelströme zu vermeiden, muß das asymmetrische Signal aus dem Koaxkabel zum Speisen des Dipols an dessen Einspeisepunkt symmetriert werden. Diese Funktion übernimmt ein Balun (balanced-unbalanced), der üblicherweise als Transformator aufgebaut ist.
Simulation einer symmetrischen Last an einer asymmetrischen Spannungsquelle mit Symmetrierer
In dieser Simulation wird ein Stromtransformator verwendet. Beide Wicklungen, L1 und L2, sollen eine Induktivität von jeweils 500 µH haben. Die Spice-Anweisung „K1 L1 L2 1“ besagt, daß die Spulen L1 und L2 maximal gekoppelt sind. Der letzte Parameter kann zwischen 0 und 1 liegen. Hier ist also eine idealer Trafo simuliert, den es so in der Praxis nicht gibt.
Die Simulation zeigt, daß die Summe der Ströme in R4 und R5 gegen null geht. Die Mantelwelle wurde also erheblich gedämpft, die Leistung an R1 und R2 ist gleichgeblieben. Mechanisch ist ein Stromtransformator sehr einfach zu realisieren, zum Beispiel indem man einige Windungen Koaxialkabel auf einem Ringkern aufwickelt (Reisert Balun).
Statt eines Stromtransformators kann aber auch ein „klassischer“ Spannungstransformator eingesetzt werden:
Symmetrierung mit Spannungsübertrager
Das führt letztlich zu demselben Ergebnis, daß die Mantelwellen erheblich reduziert werden. Diese Bauart hat den zusätzlichen Vorteil einer Potentialtrennung, dafür aber gegebenenfalls den Nachteil, bei niedrigen Frequenzen einen Kurzschluß darzustellen.
Messung von Mantelwellen
Mantelwellen lassen sich durch eine recht einfache Messung nachweisen und zumindest qualitativ vergleichen: man baut einen Strommeßtrafo um das Speisekabel herum. Dazu eignet sich ein mit einigen Windungen bewickelter Ringkern, der über das Koaxialkabel geschoben wird. Innen- und Außenleiter des Koaxkabels stellen die Primärwicklung eines Transformators dar, der Ringkern die Sekundärwicklung. Wenn die Ströme auf dem Innenleiter und dem Außenleiter des Koaxkabels entgegengesetzt fließen und gleich groß sind, wird in der Meßspule keine Spannung induziert. Ist einer dieser Ströme größer als der andere, dann ist die induzierte Spannung proportional zu diesem überschüssigen Strom. Man kann diese Spannung gleichrichten und mit einem Voltmeter nachweisen. Hier eine einfache Schaltung zu diesem Zweck:
Messung von Mantelwellen
An J1 wird die Meßspule angeschlossen, an J2 und J3 das Voltmeter. Als Dioden werden wegen der niedrigeren Durchbruchspannung normalerweise Germaniumdioden verwendet. Schottkydioden oder Siliziumdioden funktionieren auch, man stellt ja normalerweise keine hohen Ansprüche an die Meßgenauigkeit.
Diese Meßschaltung lässt sich nun auch mit Spice simulieren.
Mantelwellenmessung
Um die Rechenzeit und die Anzahl der Datenpunkte in Grenzen zu halten, wurde nur bis zu 500 ms simuliert und die zeitliche Auflösung auf 1µs gesetzt. Die beiden Leiter des Koaxkabels wurden willkürlich (aber nicht ganz unrealistisch) mit jeweils 50nH angesetzt (L4 und L5), die Meßspule L3 mit 10µH. Alle Spulen sind wieder ideal gekoppelt (Spice Direktive K2). Da LTSpice keine Germaniumdiode im Baukasten hat, wurde diese Simulation mit Schottkydioden durchgeführt.
Sommerzeit ist Antennenbauzeit. Jetzt müssen die Außenarbeiten stattfinden, damit man im Winter möglichst nicht aus dem Haus muß. Programmierarbeiten und der warme Lötkolben müssen warten, bis die Tage wieder kürzer werden und die Temperaturen fallen.
Meine endgespeiste Drahtantenne war von Anfang an ein Provisorium, das eigentlich nur als Proof-of-Concept gedacht war. Solche Provisorien halten bekanntlich lange, aber wenn der Mast dann durch Witterungseinflüsse irgendwann windschief wird, ist es Zeit für Verbesserungen. Von einem 20 m langen Draht kann mancher Stadtbewohner im Mietshaus nur träumen, dennoch ist er für die unteren Kurzwellenbänder zu kurz. 40 m Gesamtlänge, wie sie für das 80-m-Band benötigt werden, wären bei mir gerade so machbar, würden allerdings den Zorn der Ehefrau wecken, denn der freie Blick auf den Donnersberg würde doch arg verschandelt.
Es muß daher im Prinzip bei den 20 m bleiben, ein paar Meter mehr wären wohl ein möglicher Kompromiß. Daher plane ich, einen Faltdipol zu bauen, also einen Draht vom Balkon zum Mast, dann eine gewisse Strecke am Mast abwärts und wieder zurück zum Balkon. Damit die bisherige endgespeiste Antenne einem mittig gespeisten Dipol mit niedrigerem Strahlungswiderstand etwas näher kommt, soll auf der entgegengesetzten Seite ein ähnlich gestalteter Strahler aufgebaut werden, allerdings reicht es dort mal gerade für fünf bis acht Meter. Das ist aber immer noch besser, als der jetzige Pigtail von etwa 2m Länge.
Ein kleiner Anfang
Um zu sehen, ob das Projekt überhaupt prinzipiell funktionieren kann, soll ein ähnlicher Faltdipol mit kleineren Abmessungen gebaut werden. Die folgende Zeichnung zeigt den prinzipiellen Aufbau.
Der Dipol soll also symmetrisch sein und mittig gespeist werden. Die Gesamtlänge jedes Arms teilt sich in die Strecken Lu/2, Lv und Lo auf. Bei der Aufteilung der Strecken gibt es in meinem Fall einige Randbedingungen einzuhalten:
Die Längen Lu/2 + Lv + Lo definieren, wie zu erwarten, die Resonanzfrequenz.
Da der Dipol komplett auf den Balkon passen soll, darf die Länge Lu nicht größer als etwa 4,60 m sein.
Damit die ganze Konstruktion handlich und stabil bleibt, soll Lv etwa 25 cm lang sein.
Durch Simulationen mit 4nec2 findet man empirisch, daß das Verhältnis Lo/Lu den Realteil des Fußpunktwiderstandes definiert. Qualitativ: je kleiner Lo/Lu wird, desto größer wird der reelle Fußpunktwiderstand. Bei praktikablen Längen variiert er zwischen etwa 35 und 60 Ω.
Der bei der bisherigen Drahtantenne verwendete Stahldraht (eigentlich ein Weidezaundraht) ist zwar preisgünstig, aber für Antennen natürlich suboptimal. Er ist relativ dünn und sein ohmscher Widerstand ist zu hoch, um eine effiziente Antenne zu bauen. Daher habe ich nun ein paar Euro mehr investiert und insgesamt 100 m hochwertige Antennenlitze besorgt. Sie besteht aus verzinnten Kupferadern und hat zur besseren Längenstabilität einen Kevlar Kern. Hier die technischen Daten:
1 x 0,4 mm Kevlar Kern
24 x 0,25 mm verzinntes Kupfer
Kupferabschnitt: 1,2 mm2
Gewicht: 14 Gramm pro Meter
UV-beständige schwarze PE-Isolierung
Gesamtdurchmesser +/-2,5 mm
Zugkraft ca. 50kg
Experimentell wurde ein Verkürzungsfaktor von 0,89 bestimmt. Der ist leider nicht in der Spezifikation zu finden. Mit diesen Daten kann man nun vernünftige 4nec2-Simulationen durchführen.
Wegen der oben genannten Randbedingungen bietet sich eine Konstruktion für das 17-m-Band oder das 15-m-Band an. Zunächst war der tatsächliche Verkürzungsfaktor unbekannt und so wurde der Dipol mit der baulich maximal möglichen Dimensionierung aufgebaut: Lu=4,60 m, Lv=0,25 m und Lo=2 m. Das sollte bei einem maximal möglichen Verkürzungsfaktor von 1,0 für das 15-m-Band reichen. Tatsächlich war der Dipol auf etwa 16,4 MHz resonant, woraus sich dann der genannte Verkürzungsfaktor von etwa 0,89 errechnete. Durch Kürzen der Lo-Schenkel auf 1,59 m wurde dann eine Resonanz knapp unterhalb des 17-m-Bandes bei etwa 17,9 MHz erreicht. Das wäre durch weiteres Kürzen leicht zu verbessern, aber letztlich ist das Ziel doch das 15-m-Band. Abgezwackt ist schnell, daher hier zunächst mal die Gegenüberstellung der Simulation mit der tatsächlichen Messung:
17-m-Faltdipol, SWR (simuliert mit 4nec2)
Der Dipol ist bei knapp 18 MHz resonant und das Stehwellenverhältnis liegt bei etwa 1,3.
17-m-Faltdipol, Smithdiagramm (simuliert mit 4nec2)
Das Smith-Diagramm zeigt bei Resonanz eine reelle Impedanz von etwa 38 Ω. Der schwarze Kreis zeigt die Punkte mit einem Stehwellenverhältnis von 3. Alle Impedanzen innerhalb dieses Kreises können vom eingebauten Antennentuner des IC7300 angepasst werden.
17-m-Faltdipol, Fernfeld (simuliert mit 4nec2)
Das Richtdiagramm zeigt die zu erwartende Charakteristik. Bei der Aufhängung im konkreten Fall in Richtung Südost-Nordwest dürfte also eine bevorzugte Strahlungsrichtung nach Südamerika und Russland/Japan zu erwarten sein. Australien und Nordamerika dürften eher schwierig werden.
17-m-Faltdipol, gemessen mit DG8SAQ VNWA
Die tatsächliche Messung mit dem DG8SAQ Netzwerkanalysator liegt erstaunlich nahe an der Simulation. Das liegt einerseits natürlich an dem Verkürzungsfaktor, der aus der Messung im Vergleich zur Simulation so errechnet wurde, daß die simulierte Resonanzfrequenz mit der tatsächlichen übereinstimmt. Darüberhinaus liegt aber auch der gemessene reelle Fußpunktwiderstand bei genau den simulierten 38 Ω. Die blauen Kreise sind die SWR=2 und SWR=3 Grenzen. Zwischen 17,22 MHz und 18,35 MHz liegt das SWR also unter 3.
Damit die Konstruktion stabil, zuverlässig und wetterfest wird, habe ich zwei Doppelrollen aus Hart-PVC gefräst, die den Antennendraht halten und führen.
Gefräste Doppelrolle als Antennenhalter
Die Rollen bestehen aus drei verklebten und verschraubten Teilen. Der innere Teil wurde aus 3 mm dicken PVC Platten gefräst, die beiden äußeren weißen Scheiben sind 2 mm dick. Der Radius der inneren Scheibe bestimmt den Biegeradius der Antennenlitze. Dafür ist zwar kein Minimum spezifiziert, aber die gewählten 50 mm (also 100 mm Durchmesser) scheinen hinreichend groß zu sein. Die äußeren Scheiben haben einen Durchmesser von 120 mm, so daß rundum 10 mm Platz sind, um den Antennendraht auf der Rolle zu halten. Wenn man, wie in diesem Fall auf dem Balkon, an alle Rollen gut herankommt, um einen Draht wieder einzufädeln, ist das völlig ausreichend. Wenn der Draht erst einmal gespannt ist, bleibt er auch auf der Rolle. Für die geplante Konstruktion der längeren Antenne muß eine Lasche von oben das Herausfallen des Antennendrahtes verhindern.
Die Deichsel ist aus zwei 3 mm dicken PVC-Platten gefräst, die oben an der Öse und zwischen den beiden Rollen durch eingeklebte 12 mm dicke Abstandshalter auf das benötigte Maß gebracht werden. Im Foto nicht zu sehen sind die beiden Unterlegscheiben aus 2 mm PVC auf beiden Seiten jeder Rolle. Rollen und Unterlegscheiben sind damit 11 mm dick (2x2mm Unterlegscheiben + 2x2mm Rolle außen + 1x3mm Rolle innen) und passen gut zwischen die 12-mm-Deichsel. Als Nabe dient eine 18 mm lange Hülse, die aus einem 6 mm dicken Messingrohr abgeschnitten wurde. Jeweils eine 22 mm lange M4-Schraube mit Stoppmutter fixiert die Rollen an der Deichsel. Die Naben haben einen Abstand von 150 mm, so daß die Drähte letztlich 250 mm Abstand voneinander haben.
Abschließend noch ein paar Fotos der fertig installierten Antenne:
Aufhängung des Faltdipols am Dach in südöstlicher RichtungAufhängung des Faltdipols an der nordwestlichen SeiteMittige Einspeisung über eine Mantelwellensperre. Oben der Spanner für Zäune.
Die Doppelrollen machen einen hinreichend stabilen Eindruck, um mehrere Jahre im Außenbereich dem Wetter und der UV-Strahlung zu trotzen. Der Spanner wurde soweit angezogen, daß die bisherige Abspannung des Antennenmastes abgebaut werden konnte und damit durch diesen Faltdipol ersetzt wird. Mal schauen, wie sich das beim nächsten Sturm entwickelt. Damit bei ruckartiger Belastung nichts reißt, werde ich noch eine Spannfeder neben den Seilspanner einbauen.
Nachdem ich nun einige Monate mit meinem neuen Spektrumanalysator herumgespielt habe, muß ich nun noch ein paar Ergänzungen und Klarstellungen zu den beiden ersten Teilen hier und hier hinzufügen. In den ersten Messungen habe ich z.T. ungünstige Meßeinstellungen gewählt und bei der Beurteilung des dargestellten Seitenbandrauschen wahrscheinlich zu strenge Kriterien für ein Gerät dieser Preisklasse angelegt.
Die Wahl der Meßeinstellungen ist kritisch, was nachfolgend am Beispiel einiger Messungen an einem Clapp-Guriett Oszillator gezeigt werden soll. Er ist mit einem 18,432 MHz Quarz bestückt und schwingt auf der dritten Oberwelle bei nominal 55,296 MHz. Alle Messungen wurden mit dem Siglent Spektrumanalysator SSA3032X Plus durchgeführt.
Funktionsweise des Spektrumanalysators
Zunächst muß man sich nochmal über die Funktionsweise eines Spektrumanalysators klar werden. Es handelt sich prinzipiell um einen Überlagerungsempfänger mit sehr breitbandigem, möglichst empfindlichem, linearem und dennoch großsignalfestem Eingang. Das sind Eigenschaften, die in Kombination nicht leicht zu realisieren sind und Kompromisse erfordern. Als Überlagerungsempfänger benötigt der Spektrumanalysator also einen VFO, der in einem Meßzyklus so geregelt wird, daß der Empfänger den gewählten Empfangsbereich überstreicht. Das Meßsignal am Eingang wird dann mit dem VFO-Signal gemischt, gefiltert, gemessen und schließlich am Bildschirm angezeigt. Neben dem Frequenzbereich können die Filterparameter und der Meßdetektor eingestellt werden. Moderne Spektrumanalysatoren werten das ZF-Signal digital mit einer FFT aus und erreichen daher erheblich reduzierte Meßzeiten. Die prinzipielle Funktionsweise unterscheidet sich aber nicht von früheren rein analogen Geräten.
Wahl der Bandbreite und des Detektors
Es gibt zwei Bandbreiteneinstellungen, die Resolution Bandwidth (RBW) und die Video Bandwidth (VBW). Die wichtigere davon ist die RBW, die die Durchlassbandbreite des ZF-Filters bestimmt. Die VBW mittelt die detektierten Signale unmittelbar vor der Darstellung, so daß das dargestellte Rauschen minimiert wird. Das Videofilter ist im automatischen Modus an die Einstellung des ZF-Filters gekoppelt. In den hier gezeigten Messungen wird dieser automatische Modus verwendet, VBW ist also immer gleich der RBW.
Der Spektrumanalysator stellt die jeweils gemessenen Signalpegel auf seinem Bildschirm auf der vertikalen Achse über den auf der horizontalen Achse eingestellten Frequenzbereich dar. Dabei ist die Anzahl der Punkte in beiden Richtungen begrenzt. Der SSA3032X Plus hat für die Frequenzdarstellung genau 751 Punkte reserviert. Der Rest des 1024 Pixel breiten Displays wird zur Darstellung weiterer Informationen benötigt. Damit repräsentiert also jeder einzelne Punkt einen Frequenzbereich der eingestellten Spannbreite dividiert durch 751.
Pos Peak Messungen
Hier nun eine erste Beispielmessung des Clapp-Guriett Oszillators bei 55,28 MHz mit einer Spannbreite von 2,5 MHz und einer Auflösungsbandbreite von 30 kHz.
Jeder dargestellte Meßwert entspricht hier also einem Intervall von 2,5 MHz / 751 = 3329 Hz (Span/Pixelanzahl). Der Detektor mißt den maximalen positiven Pegel (Pos Peak) innerhalb dieses Intervalls und stellt ihn auf der y‑Achse logarithmisch dar. Die eingestellte Bandbreite von 30 kHz ist deutlich breiter, als das Intervall, so daß der Signalpegel von ‑0,79 dBm zuverlässig gemessen wird. Marker 2 zeigt den Rauschpegel im Abstand von 500 kHz zum Träger. Rauschpegel werden automatisch mit der jeweils eingestellten Bandbreite auf eine Bandbreite von 1 Hz umgerechnet. Hier wird ein Rauschpegel von ‑112,14 dBm/Hz ermittelt.
Soll die Meßkurve eine bessere Auflösung bekommen, z.B. weil man näher am Signal messen will, dann muß die RBW verringert werden. Wählt man eine RBW, die deutlich kleiner ist als die Breite des Intervalls, dann stehen dem Spektrumanalysator mehrere Meßwerte pro Intervall zur Verfügung, die aber letztlich nur durch einen Pixel auf dem Bildschirm repräsentiert werden können. Da die Intervallbreite im vorliegenden Fall 3329 Hz beträgt, wäre eine RBW von 3 kHz angemessen. Damit würde mit einer Messung praktisch das gesamte dargestellte Intervall erfasst. Zu Demozwecken soll die Bandbreite aber jetzt auf 300 Hz eingestellt werden, wodurch also etwa elf Messungen auf ein Intervall fallen. Die Messung liefert nun folgendes Ergebnis:
Der Pegel des Trägers ist mit ‑0,91 dBm gleichgeblieben (Unterschiede von ein oder zwei Zehntel dBm kann man getrost ignorieren). Wegen der „Pos Peak“ Einstellung hat sich der Detektor von den elf im Intervall gemessenen Werten den Maximalwert ausgesucht und die anderen zehn ignoriert. Dieser Maximalwert unterscheidet sich nicht von dem mit zehnmal größerer Bandbreite gemessenen Maximalwert aus der vorigen Messung.
Allerdings fällt auf, daß der Rauschpegel mit ‑104,21 dBm/Hz nun um etwa 8 dBm gestiegen ist. Wie kann das sein? Ganz einfach, aus den nun elf Meßwerten pro Intervall sucht sich der Detektor wegen der „Pos Peak“ Einstellung nun wieder den jeweils größten aus, während bei der vorigen Messung diese elf Werte mit der einen einzigen Messung größerer Bandbreite gemittelt wurden. Rauschen ist ein stochastischer Prozess und der Pegel wird am besten durch seinen Mittelwert repräsentiert, nicht durch den Maximalwert. Man kann hier also deutlich erkennen, daß eine Rauschmessung mit „Pos Peak“ Einstellung bei einer Bandbreite weit unter der Breite des Meßintervalls einen zu hohen Wert liefert.
Average Video Messungen
Während die Messung des Signalpegels auch bei kleiner RBW mit dem Pos Peak Detektor also ein plausibles Ergebnis liefert, ist die Messung eines Rauschpegels also krass falsch. Daher wiederholen wir nun die Messungen nochmal mit einem anderen Detektor, nämlich Average Video.
Clapp-Guriett Oszillator mit 18.432MHz Quarz, Span: 2.5MHz, RBW=VBW: 30kHz, Detector: Average Video
Signal- und Rauschpegel stimmen hier im Rahmen der Meßgenauigkeit mit der Pos Peak Messung bei gleicher Auflösungsbandbreite überein. Das ist nicht verwunderlich, denn pro Intervall wird eine einzige Messung mit einer viel größeren Bandbreite durchgeführt. Ob man dieses eine Ergebnis als Maximalwert oder als Durchschnittswert bezeichnet, ist gleich.
Ein womöglich unerwartetes Ergebnis liefert die Messung mit RBW = 300 Hz:
Clapp-Guriett Oszillator mit 18.432MHz Quarz, Span: 2.5MHz, RBW=VBW: 300Hz, Detector: Average Video
Der dargestellte Signalpegel ist geradezu abgestürzt, um fast 60 dB. Das ist eine direkte Folge der Mittelung über die elf Meßwerte. Nur einer dieser Werte hat den tatsächlichen Pegel von etwa ‑0.8 dBm während die benachbarten Werte zwischen ‑60 und ‑80 dBm liegen dürften. Daraus errechnet der Spektrumanalysator den korrekten Mittelwert von ‑56,64 dBm, der aber mit dem tatsächlichen Pegel nichts mehr zu tun hat. Die Rauschmessung am Marker 2 zeigt aber trotz der geringen RBW wieder den oben schon gemessenen plausiblen Wert von ‑111 bis ‑112 dBm/Hz. Für Rauschmessungen sollte daher der „Average Video“ Detektor ausgewählt werden.
Normal, Sample und Neg Peak Messungen
Der Vollständigkeit halber sollen hier noch die Messungen mit anderen Detektoreinstellungen dokumentiert werden:
Clapp-Guriett Oszillator mit 18.432MHz Quarz, Span: 2.5MHz, RBW=VBW: 30kHz, Detector: SampleClapp-Guriett Oszillator mit 18.432MHz Quarz, Span: 2.5MHz, RBW=VBW: 300Hz, Detector: SampleClapp-Guriett Oszillator mit 18.432MHz Quarz, Span: 2.5MHz, RBW=VBW: 30kHz, Detector: NormalClapp-Guriett Oszillator mit 18.432MHz Quarz, Span: 2.5MHz, RBW=VBW: 300Hz, Detector: NormalClapp-Guriett Oszillator mit 18.432MHz Quarz, Span: 2.5MHz, RBW=VBW: 30kHz, Detector: Neg PeakClapp-Guriett Oszillator mit 18.432MHz Quarz, Span: 2.5MHz, RBW=VBW: 300Hz, Detector: Neg PeakMessungen mit den Detektoreinstellungen Sample, Normal und Neg Peak
Der Detektor Sample wählt genau einen Meßwert in der Mitte des jeweiligen Intervalls aus. Da der Oszillator im Laufe der Messungen aus der Mitte des Displays hinausgewandert ist, wird hier der Signalpegel bei 300 Hz RBW überhaupt nicht mehr angezeigt. Der Normal Detektor zeigt abwechselnd das Maximum und das Minimum eines Intervalls an. Damit lässt sich also schon optisch recht gut die Fluktuation der Meßwerte beurteilen. Neg Peak zeigt den jeweiligen Minimalwert des Intervalls an.
Empfohlene Meßeinstellungen
Soll mit einer einzigen Messung sowohl der Signalpegel als auch der Rauschpegel korrekt angezeigt werden, darf die ZF-Bandbreite RBW nicht kleiner sein, als das Meßintervall. Signal- und Rauschpegel werden dann weitgehend unabhängig von der Wahl des Detektors im Rahmen der Meßgenauigkeit korrekt angezeigt. Beim Normal Detektor ist allerdings zu beachten, daß der Marker mal auf dem Minimum, mal auf dem Maximum stehen kann. Wenn RBW die Breite des Meßintervalls (deutlich) unterschreitet, dann muß der passende Detektor ausgewählt werden. Zum Messen des Signalpegels empfiehlt sich dann Pos Peak, zum Messen des Rauschpegels Average Video oder Sample.
Messung des Seitenbandrauschens
Kann man denn nun mit einem Spektrumanalysator das Seitenbandrauschen eines Oszillators direkt messen oder ist das nicht möglich? Kann man wenigstens eine qualitative Aussage treffen: schlecht, geht so bzw. gut. Das Seitenbandrauschen wird üblicherweise im Abstand von 10 kHz zum Träger angegeben und auf den Pegel des Trägers bezogen. Nach dem Beitrag „Phasenrauschmessungen mit dem Spektrumanalysator“ von Werner Schnorrenberg, DC4KU, hat ein guter Oszillator ein Seitenbandrauschen von ‑70 bis ‑110 dBc/Hz im Abstand von 10 kHz, sehr gute Oszillatoren auch kleiner als ‑160 dBc/Hz. Dabei ist zu beachten, daß dieser Beitrag nun älter als 30 Jahre ist und sich die Standards inzwischen geändert haben dürften. ‑100 dBc/Hz müsste also heutzutage von einem guten Oszillator schon unterschritten werden.
Betrachten wir noch einmal die Messung des oben schon verwendeten Clapp-Guriett Oszillators, diesmal mit RBW = 3 kHz und drei Rausch-Markern im Abstand von 10 kHz, 100 kHz und 1 MHz.
Clapp-Guriett Oszillator mit 18.432MHz Quarz, Span: 2.5MHz, RBW=VBW: 3kHz, Detector: Average Video
Woher kommt dieser auffällige Anstieg des Rauschens in der Nähe des Trägers und der Abfall unmittelbar daneben? Ist das das Seitenbandrauschen des gemessenen Oszillators? Ganz klar nein, es ist das Seitenbandrauschen des VFOs im Spektrumanalysator. Dessen Rauschen wird nämlich mit dem Träger des zu messenden Oszillators in den ZF-Bandpaß gemischt. Die beidseitigen Peaks werden (mutmaßlich) von der PLL dieses VFOs erzeugt. Dieses Verhalten hatte ich schon im ersten Teil dokumentiert, ohne mir genau über die Ursache bewußt zu sein.
Der Pegel des Trägers wird hier mit ‑1,8 dBm gemessen. Er ist wegen der RBW von 3 kHz bereits leicht reduziert. Gehen wir von einem tatsächlichen Pegel von ‑0,8 dBm aus, wie oben gemessen, dann zeigt diese Messung Seitenbandrauschpegel von ‑99,7 dBc/Hz (@10 kHz), ‑95,46 dBc/Hz (@100 kHz) und ‑116,08 dBc/Hz (@1 MHz). Das Datenblatt des SSA3032X Plus spezifiziert garantierte (typische) Werte von 95 (98) dBc/Hz (@10 kHz), 96 (97) dBc/Hz (@100 kHz) und 115 (117) dBc/Hz (@1 MHz). Die tatsächlichen Werte sind freilich nicht bekannt, aber man kann annehmen, daß sie nicht deutlich besser sind, denn sonst hätte der Hersteller die besseren Werte spezifiziert. Eher sind die spezifizierten Werte geschönt.
Nach den Standards von 1990, die DC4KU im oben erwähnten Beitrag dokumentiert, erreichen gute Spektrumanalysatoren ein Seitenbandrauschen von besser als -80 dBc/Hz im Abstand von 10 kHz, sehr gute Geräte besser als -110 dBc/Hz. Preist man den technischen Fortschritt der letzten 30 Jahre ein, ist der SSA3032X Plus mit seinen -95 dBc/Hz nach heutigen Standards wohl als "gut" einzuordnen, aber eher nicht als "sehr gut".
Die gemessenen Werte liegen nahe an den spezifizierten typischen Werten. Damit kann man den wesentlichen Teil des hier gemessenen Seitenbandrauschens dem VFO des Spektrumanalysators zuordnen. Abweichungen von 1 dB würde ich als Meßungenauigkeit definieren. Das Seitenbandrauschen des gemessenen Oszillators ist also sicher niedriger, als die hier gemessenen Werte, wie niedrig genau, weiß man nicht. Die oben genannte Anforderung von höchstens ‑100 dBc/Hz im 10 kHz Abstand für einen guten Oszillator ist also erfüllt. Damit ist man aber an der Meßgrenze des Spektrumanalysators angekommen. Für genauere Messungen benötigt man andere Meßverfahren.
Die Problematik bei dieser direkten Messung ist der Dynamikbereich des Signals. Ein Spektrumanalysator benötigt einen großsignalfesten Eingang mit sehr niedrigem Eigenrauschen. Er muß in dem gezeigten Fall ein ‑100 dBm/Hz Rauschsignal von einem unmittelbar benachbarten 0 dBm Signal (1 mW) unterscheiden können. Das sind zehn Größenordnungen, also ein Faktor von zehn Milliarden.
Nachdem im ersten Teil einige spektrale Messungen des Siglent SSA3032X Plus im Vergleich zum Rigol DSA815-TG gezeigt wurden, sollen in diesem Teil nun Vergleichsmessungen mit den eingebauten Trackinggeneratoren (TG) durchgeführt werden.
Die Funktion eines Trackinggenerators ist schnell erklärt: er generiert ein Signal mit genau der Frequenz, die der Spektrumanalysator (SA) zu diesem Zeitpunkt gerade mißt. Damit ist seine Funktion die eines klassischen Wobbelsenders, nur daß eben der Detektor in Form des SA bereits eingebaut ist. Ein SA mit TG gestattet damit ohne weitere Hardware Transmissionsmessungen (s21), mit einem externen Richtkoppler aber auch Reflexionsmessungen (s11). Anders als mit einem vektoriellen Netzwerkanalysator (VNA) geht beides aber nur skalar, nicht vektoriell. Phasenverschiebungen kann ein SA mit TG also nicht erkennen.
Transmissionsmessungen
Bei allen Durchgangsmessungen wird zunächst eine Referenzmessung durchgeführt, indem der TG-Ausgang and den SA-Eingang mit einem möglichst kurzen und hochwertigen Kabel kurzgeschlossen wird. Dieses Meßergebnis wird als Referenz gespeichert und alle weiteren Messungen darauf bezogen.
Isolationsmessung
Zunächst muß man feststellen, welche Dynamik man im Meßbereich überhaupt erwarten kann. Es ist unvermeidlich, daß ein geringer Teil des TG-Ausgangssignals bereits intern in den hochempfindlichen Eingang des SA leckt. Egal was man anschließend außen anschließt, dieses Leck kann man nicht mehr beseitigen. Es bestimmt also den minimalen Pegel, den man messen kann.
Für die Isolationsmessungen werden beide Buchsen offen gelassen.
Bessere Isolationswerte als die hier gemessenen grob ‑35 bis ‑45 dB beim DSA815 und ‑45 bis ‑55 dB beim SSA3032X Plus wird man also beim Anschluß eines Testobjekts nicht erwarten können.
Messung von Kabeldämpfungen
Reale Kabel sind bekanntlich nicht verlustfrei, Koaxialkabel schon garnicht. Daher soll jetzt als einfachste Übung die Dämpfung eines 20 m langen RG-58 und eines 25 m langen RG-174 Kabels über der Frequenz gemessen werden. Hier die verwendeten Testobjekte:
20-m-Ring RG-58 Kabel, beidseitig mit BNC Steckern25-m-Ring RG-174 Kabel, beidseitig mit BNC SteckernKoaxkabel zur Messung der Dämpfung
…und hier die Meßergebnisse der Durchgangsmessungen:
Die Messungen zeigen frequenzabhängige Welligkeiten, die auf Fehler in der Anpassung zurückzuführen sind. Sie sind vermutlich auf Abweichungen des Wellenwiderstands des Kabels zu den 50 Ohm der Quelle und des Meßeingangs zurückzuführen.
Die gemessenen Dämpfungen sind im wesentlichen konsistent. Kleinere Abweichungen ergeben sich, wenn der Marker gerade auf einem Berg oder Tal der Welligkeit steht. Beim RG-174 Kabel kommen beide Meßinstrumente bei den hohen Frequenzen an ihre eingangs gemessene Isolationsgrenze. Die hier gefundenen Dämpfungswerte stimmen im Rahmen der Meßgenauigkeit mit den publizierten Daten überein.
Messungen passiver Filter
In der Bastelkiste fanden sich einige passive Filter, die vor vielen Jahren mit dem Ansoft Designer SV entworfen und auf FR‑4 Leiterplattenmaterial gefräst wurden. Als Beispiele wurde ein 435 MHz und ein 850 MHz Bandpass-Filter ausgewählt. Das 435 MHz Filter ist ein Streifenleitungsfilter und das 850 MHz Filter ist ein LC-Filter, bei dem jedoch die Induktivitäten und ein Teil der Kapazitäten als Leiterbahnelemente ausgeführt sind. Hier sind Fotos der verwendeten Filter:
Eine Seite der Filter ist jeweils eine durchgehende Massefläche und die andere Seite stellt die Filterstruktur dar. Das Interdigital-Filter besteht nur aus vier Microstrip-Leitungen, deren Dimensionen und Abstand vom Filter-Designprogramm errechnet werden.
Das LC-Filter besteht aus drei kapazitiv gekoppelten Parallelschwingkreisen. Die runden Kupferflächen sind Kondensatoren mit etwa 7 pF zur gegenüberliegenden Massefläche und die kleinen etwa 10 mm langen Leiterbahnen sind dazu parallelgeschaltete Induktivitäten von jeweils etwa 5 nH. Sie sind am anderen Ende zur Massefläche durchkontaktiert. Als Koppelkondensatoren sind 0.75 pF Keramikkondensatoren der Größe 0805 eingesetzt. Warum die ganze Filterstruktur nicht um 180° gedreht ist, damit die Leitungslängen kürzer werden, ist mir übrigens heute auch nicht mehr klar.
Die Ansoft Simulation ergibt folgende Durchgangscharakteristiken:
Bei dem 435 MHz Microstrip-Filter erkennt man deutlich deren prinzipielle Eigenschaften: sie lassen nicht nur die Grundwelle durch, sondern auch deren Oberwellen. Die Schmalbandmessungen zeigen den 10 dB Durchgangsbereich des Filters, der bei etwa 50 MHz Bandbreite liegt. Es gibt kleine Unterschiede in den Messungen, die man nicht überbewerten sollte. Eine erneute Messung wird bei jedem der Geräte wieder Abweichungen zeigen. Beide Schmalbandmessungen zeigen eine gute Übereinstimmung der Durchlasskurve mit der Simulation. Auch die Mittenfrequenz stimmt recht gut. Die Dämpfung des realen Filters ist geringfügig höher als simuliert.
Das 850 MHz LC-Filter hat dagegen nur einen einzigen ausgeprägten Durchlassbereich, nämlich um 800 MHz herum. Er liegt damit also etwa 50 MHz unter dem simulierten Durchlassbereich. Das ist sicherlich auf Ungenauigkeiten beim Fräsen der Leiterplatte oder Abweichungen von der tatsächlichen Dielektrizitätskonstante zurückzuführen und spielt hier beim Vergleich der beiden Spektrumanalysatoren keine Rolle. Beide Geräte sehen die Dämpfung im Durchlassbereich übereinstimmend bei etwas über 7 dB und die 3 dB Bandbreite bei etwa 60 MHz.
23 cm LNA mit MMIC
Zum Abschluß der Transmissionsmessungen soll noch ein aktiver Vorverstärker gezeigt werden, ein LNA mit einem „Monolithic Microwave IC“, MMIC. Der hier eingesetzte Typ ist ein MGA-62563 von Avago. Er soll laut Datenblatt 17 dB Gewinn im 23 cm Band erzielen. Auch hier ist wieder ein Microstrip-Filter vorgeschaltet, das einige dB Verlust erzeugt, so daß am Ende ein Gewinn von etwa 10 dB zu erwarten ist. Hier zwei Fotos des Prototypen:
23 cm LNA mit MGA-62563, Oberseite23 cm LNA mit MGA-62563, Unterseite23 cm LNA mit MMIC
Die Ansoft Simulation lässt folgende Durchgangscharakteristik erwarten:
23 cm LNA mit MGA-62563, simulierte Durchgangscharakteristik
DSA815-TG, Quelle: TG, 23 cm LNA, BreitbandSSA3032X-Plus, Quelle: TG, 23 cm LNA, BreitbandDSA815-TG, Quelle: TG, 23 cm LNA, SchmalbandSSA3032X-Plus, Quelle: TG, 23 cm LNA, SchmalbandSSA3032X-Plus, Quelle: TG, 23 cm LNA, Schmalband, zweite Oberwelle23 cm LNA, Durchgangsmessungen
Beide Instrumente zeigen eine Verstärkung von knapp 11 dB im 23 cm Band. Unter Berücksichtigung der Verluste des Eingangsfilters deckt sich das mit der laut Datenblatt zu erwartenden Verstärkung von 17 dB. Die 10 dB Bandbreite beträgt übereinstimmend etwa 270 MHz. Wegen des erweiterten Frequenzbereichs sieht der Siglent SSA3032X-Plus auch den Durchlassbereich der ersten Oberwelle bei 2.6 GHz. Auch für diesen Bereich wurde eine Schmalbandmessung durchgeführt, die immerhin noch eine Dämpfung um 10 dB zeigt. Auch hier deutet die Welligkeit im Durchlassbereich wieder auf Abweichungen der Anpassung hin.
Reflexionsmessungen
Mit Hilfe eines externen Reflexionsmeßkopfes kann man mit einem Trackinggenerator auch Einport-Messungen, z.B. an Antennen durchführen. Der Trackinggenerator speist dabei den Eingang des Meßkopfes und das Meßobjekt wird an den Ausgang angeschlossen. Der Spektrumanalysator mißt die reflektierte Leistung. Das entspricht einer s11-Messung, auch hier allerdings wieder nur skalar.
Vor der eigentlichen Messung muß eine Referenzmessung mit offenem oder kurzgeschlossenem Ausgang durchgeführt werden. Die Meßkurve wird als Referenzsignal gespeichert und alle weiteren Messungen beziehen sich dann auf diese Referenz.
Hier zunächst Fotos des Meßkopfes und des Meßobjekts:
Reflexionsmeßkopf, Ansicht aReflexionsmeßkopf, Ansicht bReflexionsmeßkopf, Ansicht cReflexionsmeßkopf, Ansicht dBaofeng WendelantenneDer Reflexionsmeßkopf und das Testobjekt, die Wendelantenne eine Baofeng Handfunkgeräts
Baofeng Wendelantenne
Die Spezifikation der Meßkopfes ist auf 0,1 .. 500 MHz begrenzt, daher bietet sich die Messung einer Wendelantenne an. Sie wird im Zimmer mit einem kleinen Schraubstock fixiert, damit die Messungen halbwegs reproduzierbar sind. Das funktionier leider nur annähernd, denn die Bewegung einer Person im Raum oder schon eine Handbewegung führt zu Änderungen am Meßergebnis. Daher sollten die folgenden Messungen mit der berühmten Prise Salz betrachtet werden.
Die Messungen zeigen jeweils die frequenzabhängig reflektierte Energie an. Bei den Frequenzen, an denen die Antenne Energie abstrahlt, erreicht die reflektierte Energie ein Minimum. Ist die reflektierte Energie hoch, kann sie nicht abgestrahlt worden sein. Bei diesen Frequenzen ist die Antenne also ziemlich wirkungslos.
Auf den Breitbandmessungen erkennt man Resonanzen bei etwa 150 MHz, 380 MHz und 420 MHz. Bei den weiteren Messungen sind jeweils nochmal die Bereiche um 150 MHz und um 400 MHz herausgezoomt. Bei 150 MHz ist eine Rückflußdämpfung zwischen 8 und 11 dB zu sehen. Die Unterschiede sollen aus den oben genannten Gründen nicht bewertet werden. Eine Rückflußdämpfung von 10 dB bedeutet, daß von der eingespeisten Leistung 10% zurückfließen, also 90% abgestrahlt wurden. Das ist nicht ganz schlecht. Bei 380 und 420 MHz messen beide Geräte eine Rückflußdämpfung von mehr als 30 dB, es wird also 99,9% der eingespeisten Leistung abgestrahlt. Das ist gut.
Bei Reflexionsmessungen ist es ganz praktisch, wenn der SA nicht nur positive, sondern auch negative Peaks finden und in der Tabelle darstellen kann. Im Gegensatz zum DSA815-TG kann der SSA3032X-Plus das.
Zusammenfassung
Beide Spektrumanalysatoren haben einen eingebauten Trackinggenerator, der jeweils in der Standardausführung bereits ohne separate Lizenz freigeschaltet ist. Er ist ein sehr nützliches Werkzeug, das bis zu einem gewissen Grade einen vektoriellen Netzwerkanalysator ersetzen kann.
Die Isolation des Trackinggenerators ist beim SSA3032X-Plus etwa 10 dB besser als beim DSA815-TG. Das gestattet genauere Messungen im Sperrbereich von Filtern. Der größere Bildschirm des Siglent erlaubt es, mehr Information darzustellen, ohne zu große Abstriche bei der Anzeige der Meßkurve zu machen.
Der SSA3032X-Plus ist bei den Messungen generell deutlich schneller, als der DSA815 und die Bedienung vom PC über das Web-Interface ist einfach Stand der Technik. Mit einem Klick wird ein Screenshot direkt auf die Festplatte gespeichert, wo man beim DSA815 erst umständlich mit einem USB-Stick hantieren muß. Dabei dauert das Abspeichern eines kleinen PNG-Files dann auch noch eine gefühlte Ewigkeit. An der Bedienung merkt man die zehn Jahre Entwicklungsfortschritt.
Daß der SSA3032X-Plus im Gegensatz zum DSA815-TG einen deutlich erweiterten Frequenzbereich hat, soll hier nicht bewertet werden. Es gibt zu höheren Kosten auch von Rigol eine 3.2 GHz Variante, den DSA832E-TG, und von Siglent eine preisgünstigere 1,5 GHz Variante, den SSA3015X Plus. Die geringere RBW und das niedrigere Phasenrauschen des SSA3032X-Plus können die hier gezeigten Messungen mit dem Trackinggenerator nicht ausnutzen. Dazu wären weitere Schmalbandmessungen, z.B. von Quarzen, vielleicht ganz hilfreich. Für solche Messungen verwende ich allerdings den VNA und plane auch nicht, das zukünftig mit dem Spektrumanalysator zu machen.
Vor knapp zehn Jahren habe ich mir meinen ersten Spektrumanalysator (SA) gekauft, einen DSA815-TG der Firma Rigol. Es ist ein für Amateurzwecke recht brauchbares Gerät, das damals knapp 1500 Euro gekostet hat und heute immer noch für gut 1000 Euro verfügbar ist. Er hat allerdings seine Schwächen. Die kleinste Auflösungsbandbreite (RBW) war seinerzeit 100 Hz, konnte durch einen Softwareupdate aber auf 10 Hz reduziert werden. Das ist garnicht so schlecht, damit kann man arbeiten. Als störend erweist sich aber das relativ hohe Phasenrauschen insbesondere beim Messen von Oszillatoren. Das Datenblatt gibt für einen Abstand von 10 kHz einen Wert <-80dBc/Hz an. Es wird schlechter, je näher man an den Träger kommt. Das ist, wenn überhaupt, nicht viel besser als das Phasenrauschen eines selbstgebauten Oszillators. Den kann man daher nicht qualifiziert messen, denn man kann das Phasenrauschen des Oszillators nicht von dem des SA unterscheiden.
Ein weiterer kleiner Nachteil ist die Maximalfrequenz von 1,5 GHz. Das ist natürlich für alle Kurzwellenbänder inklusive 2 m und 70 cm völlig ausreichend. Auf den ersten Blick reicht es auch für 23 cm, aber es kann ein Nachteil sein, daß man da nicht einmal die zweite Oberwelle geschweige denn die oft wichtigere dritte Oberwelle beobachten kann. Der Trackinggenerator ist ein hilfreiches Werkzeug, um s21-Parameter und mit einem externen Richtkoppler auch s11-Parameter zu messen, wenn auch beide nur skalar und nicht vektoriell. Will man beispielsweise ein Bandpassfilter für das 23 cm Band messen, dann ist es sehr hilfreich, deutlich über die Bandgrenzen hinauszugehen und nicht gleich am Bandende schon blind zu sein.
Der heutige Stand der Technik
Kurz und gut, ich brauche einen neuen Spektrumanalysator! Für Amateurzwecke und Amateurbudgets kommen nur Geräte chinesischer Provenienz in Frage, darunter besonders die von Rigol und Siglent. Bei beiden Herstellern kann man aus einem breiten Preis- und Leistungsspektrum auswählen. Die erste Frage, die jeder für sich selber klären muß, ist die, ob ein vektorieller Netzwerkanalysator (VNA) eingebaut sein soll. Einen Trackinggenerator haben die meisten Geräte sowieso eingebaut und auch freigeschaltet. Da ist es zum VNA nicht mehr weit, aber ob der Aufpreis gerechtfertigt ist, muß jeder selber entscheiden.
Da ich bereits einen bis 1,3 GHz gut funktionierenden VNA (von DG8SAQ) habe und mich die technischen Daten der SA mit VNA nicht wirklich überzeugt haben, habe ich mich auch wegen des Aufpreises von etwa 600 Euro gegen den eigebauten VNA entschieden. Für etwa 660 Euro gibt es den LibreVNA, der immerhin bis 6 GHz nutzbar ist. Letztlich habe ich mich daher für den Siglent SSA3032X Plus ohne eingebauten VNA entschieden, der gerade so in das verfügbare Budget gepasst und meine Anforderungen erfüllt hat.
Daves Vorarbeit
EEVblog-Dave hat in einem seiner sehenswerten und unnachahmlichen Videos den Siglent SSA3021X mit dem Rigol DSA815 (Video #891) verglichen und in einem weiteren Video (#892) auch den SSA3021X aufgeschraubt. Der Siglent SSA3021X ist funktional weitgehend identisch mit dem SSA3032X Plus. Er ist allerdings auf 2.1 GHz limitiert, hat kein Webinterface und keinen Touchscreen.
Vergleichsmessungen des SSA3032X Plus gegenüber dem DSA815-TG
In diesem Beitrag werde ich einige Vergleichsmessungen der beiden genannten Geräte durchführen und die jeweiligen Meßergebnisse per Screenshot darstellen. Als Meßobjekte wurde der Amateurfunktransceiver IC-7300 und verschiedene Testschaltungen verwendet, die sich noch in der Bastelkiste fanden. Letztere erheben keinerlei Anspruch auf technische Meisterleistungen. Ganz im Gegenteil, es sind zum Teil gefräste Prototypen mit unterdurchschnittlicher Performance. Gerade deshalb eignen sie sich aber gut, um als Vergleichsobjekte zu dienen.
Damit dieser Artikel nicht überladen wird, verschiebe ich die ursprünglich geplanten Reflexions- und Transmissionsmessungen mit dem jeweils eingebauten Trackinggenerator auf einen zweiten Teil. Hier werden also nur Spektren gemessen.
Rauschpegel bei offenem Eingang
Genau wie Dave in seinem Video, schließe ich erst mal garnichts an. Hier ist also das dargestellte Rauschen bei offenem Eingang, jeweils für RBW=VBW=1MHz (gelb), 100 kHz (rot) und 10 kHz (blau).
Dave spricht beim Rigol von ‑65 dBm, ‑75 dBm und ‑85 dBm und beim Siglent von ‑85 dBm, ‑90 dBm und ‑100 dBm (@ RBW=1 MHz, 100 kHz und 10 kHz), zumindest am Anfang des jeweiligen Frequenzbereiches. Das kann ich für den Rigol bestätigen, aber nicht ganz für den Siglent. Da messe ich jeweils etwa 2 bis 5 dB schlechtere Werte. Wie auch Dave schon feststellt, ist der Frequenzgang beim Siglent glatter als beim Rigol.
Die nächsten beiden Screenshots zeigen dieselben Messungen mit eingeschaltetem Vorverstärker (preamplifier, PA).
Hier bestätigen sich die von Dave gemessenen Werte zumindest annähernd: ‑90 dBm, ‑100 dBm und ‑110 dBm beim Rigol und ‑102 dBm, ‑108 dBm und ‑120 dBm beim Siglent. Bei den ‑120 dBm muß ich aber schon beide Augen zudrücken.
Dennoch ist der Siglent sowohl mit als auch ohne PA 10 bis 15 dB besser. Und nicht vergessen, Dave hat den SSA3021X gemessen und nicht den SSA3032X-Plus.
Spektrum einer DDS mit AD9834
Ein kleiner Versuchsaufbau mit einer AD9834 DDS Schaltung (10-bit DAC) wird mit einem 75 MHz Quarzoszillator außerhalb seiner Spezifikation betrieben, die für die gewählte Variante AD9834BRU eigentlich nur 50 MHz zulässt. Die Ausgangsfrequenz ist auf 10,7 MHz eingestellt. Das Tiefpassfilter am Ausgang ist nicht optimiert, wie die Breitband Spektralanalyse zeigt. Beide Geräte können eine Tabelle der gemessenen Peaks anzeigen:
Man erkennt die DDS-Taktfrequenz von 75 MHz, die eingestellte Ausgangsfrequenz von 10,7 MHz, die jeweiligen Spiegelfrequenzen bei 75 MHz +/- 10,7 MHz.
Nachfolgend soll nur das Spektrum um 10,7 MHz mit verschiedenen Band- und Spannbreiten untersucht werden. Beginnen wir bei einer Spannbreite von 1 MHz und einer RBW=VBW von 30 Hz:
Beide Geräte sehen den Träger bei 10,7 MHz und etwa ‑9,5 dBm. Die geringen Abweichungen sind irrelevant und sie ändern sich bei jedem der Geräte mit jedem Durchgang. Beide Geräte sehen auch die Spuren bei +/- 400 kHz bei knapp ‑90 dBm.
Eine weitere Spur bei 10,6 MHz sieht aber nur der Rigol deutlich, beim Siglent verschwindet sie im Rauschen. Außerdem steigt das Rauschen beim Siglent stärker an, als beim Rigol, je näher man dem Träger kommt. Bei ‑80 dBm erreicht es ein Maximum und sinkt in unmittelbarer Nähe zum Träger wieder auf etwa ‑90 dBm ab. Dieses Verhalten wurde vom Hersteller Siglent auf Nachfrage bestätigt. Es ist auch nicht auf diese Einstellungen beschränkt, sondern es tritt technologiebedingt auch bei anderen Frequenzen auf. Das ist ein echter Wehrmutstropfen und ich war kurz davor, das Gerät zurückzugeben. Daß ich es nicht getan habe, liegt im wesentlichen daran, daß ich für ein ähnlich ausgestattetes Gerät von Rigol nochmal 1k€ hätte drauflegen müssen. Man wird also wohl oder übel in dieser Preisklasse doch ein paar Abstriche machen müssen.
Der Rigol zeigt das Verhalten, das man erwartet: das Phasenrauschen steigt mit der Nähe zum Träger.
Hier noch die Siglent-Messung mit einer Peak-Tabelle:
Es ist auch jeweils der Rauschpegel im 10 kHz Abstand dargestellt. Er ist in beiden Fällen konsistent zur Breitbandmessung, unterscheidet sich aber um mehr als 12 dB. Der Unterschied ist mit dem deutlich schlechteren Phasenrauschen des Rigol zu erklären. Er ist mit <-80 dBm/Hz im 10 kHz Abstand spezifiziert, was bei der eingestellten RBW von 100 Hz 20 dB mehr, also ‑60 dBm erwarten lässt. Anders ausgedrückt: ein guter Teil des beim Rigol gezeigten Rauschens kommt von seinem eingebauten Oszillator. Hier würde ich also dem Siglent mehr vertrauen, wenngleich der Abfall der Rauschens in Trägernähe auch in dieser Auflösung noch deutlich zu sehen ist.
Nachfolgend noch ohne Kommentare weitere Schmalbandmessungen mit Spannbreiten von 10 kHz:
Bei diesen sehr schmalbandigen Messungen kommt das geringe Phasenrauschen des Siglent voll zur Geltung. Statt ‑61 dBc beim Rigol sehen wir hier knapp ‑84 dBc im Abstand von 100 Hz zum Träger. Außerdem ist zu beachten, daß der Rigol bei diesen Einstellungen 100 Sekunden pro Sweep benötigt, der Siglent aufgrund der FFT aber nur 0,338 Sekunden. Da macht das Messen Spaß! Auch aus diesem Grund wollte ich das Gerät dann doch nicht wieder hergeben.
Darüberhinaus gestattet der Siglent Messungen mit RBW=VBW=1Hz und mit einer Spannbreite von 100 Hz erhält man dann folgendes hochaufgelöste Meßergebnis:
Nach dieser Messung ist das Phasenrauschen im Abstand von 10 Hz also ‑84 dBc.
Messungen des Sendesignals eines ICOM IC-7300 Transceivers
Um auch die Meßergebnisse eines hochwertigen Signals zu zeigen, habe ich das Ausgangssignal eines IC-7300 Transceivers von ICOM gemessen. Er wurde bei 10,125 MHz auf niedrigste Sendeleistung 1% eingestellt, was etwa 1 Watt, also 30 dBm entsprechen sollte. Der Spektrumanalysator wurde über einen 30 dB Abschwächer und einen weiteren 10 dB Abschwächer angeschlossen, so daß am Eingang etwa ‑10 dBm anliegen. Alle Messungen sind in der Betriebsart AM durchgeführt worden, wobei optional ein 2 kHz Sinussignal an den Audioeingang angelegt wurde. Es wird vom PC gespeist, dessen Audiopegel auf 15% oder 71% eingestellt wurde. Das sind willkürliche und relative Pegel, die keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen absoluten Signalpegel zulassen.
Der unmodulierte Träger wird mit etwa ‑8 dBm angezeigt, was also +32 dBm Eingangspegel vor den Abschwächern entspricht. Das wären 1,6 Watt, was in der Betriebsart AM aber nur 50% der Ausgangsleistung sind. Tatsächlich entspricht damit die eingestellte Ausgangsleistung von 1% also tatsächlich 3 Watt. Das ist in Ordnung, gerade im unteren Bereich ist die Einstellung der Ausgangsleistung sicher nicht sehr genau.
Der Übersichtlichkeit halber sind die Meßergebnisse nachfolgend als Galerie eingefügt. Klicken auf eine Messung öffnet das jeweilige Bild in voller Auflösung in einem neuen Tab.
Der SSA3032X-Plus kann Spektren auch als Wasserfalldiagramm darstellen. Das ist besonders hilfreich bei Signalen mit kleinen Pegeln. Man erkennt optisch sehr schnell, wo noch „Schmutz“ im Spektrum ist.
Diese Messung zeigt das mit 2 kHz sehr schwach AM-modulierte Signal. Man erkennt deutlich die Seitenbänder im Abstand von 2 kHz, aber auch winzige Seitenbandsignale um den Träger herum. In der Darstellung des Spektrums würde man sie wahrscheinlich als unkorreliertes Phasenrauschen übersehen.
Abschließend noch das Breitbandspektrum zwischen 1 MHz und 40 MHz:
Beide Geräte erkennen neben dem Träger auch die zweite und dritte Oberwelle. Es gibt eine Diskrepanz über die jeweiligen Pegel, was mutmaßlich der relativ hohen Auflösungsbandbreite von 1 kHz geschuldet ist. Besonders beim Rigol führen geringe Auflösungsbandbreiten aber zu sehr langen Meßzeiten, was ich hier vermeiden wollte.
Außerdem fällt auf, daß der Rauschpegel unterhalb von etwa 18 MHz um 10 bis 15 dB erhöht ist. Das ist mutmaßlich auf ein Ausgangsfilter im IC-7300 zurückzuführen.
Zusammenfassung
Im Vergleich zur vorherigen Generation, zu der ich den Rigol DSA815-TG zähle, haben die Siglent SSA3000X Spektrumanalysatoren erhebliche Fortschritte gemacht. Die Bildschirmauflösung ist von 800×460 Pixeln und 8″ Display auf 1024×600 Pixel und ein 10.1″ Touch-Display gestiegen, die Meßgeschwindigkeit wurde durch die eingebaute FFT enorm erhöht und die Auflösungsbandbreite wurde auf 1 Hz reduziert. Gleichzeitig wurde das Phasenrauschen um mindestens 15 dB reduziert, beim Rigol waren es ‑80 dBc/Hz, beim Siglent ‑95 dBc/Hz, jeweils im 10 kHz Abstand.
Ein nicht leicht zu verdauender Wehrmutstropfen ist die oben gezeigte mindestens 10 dB Rauschüberhöhung im Abstand von +/- 50 kHz zum Träger. Das mag für die eine oder andere Anwendung ein K.O.-Kriterium sein. Ich denke aber, daß sich in der Preisklasse zur Zeit nichts besseres finden lässt. Wenn man das Verhalten kennt, wird man damit leben können, zumal der Effekt geringer wird, wenn der Träger aus dem Sichtfeld bewegt wird.
Trotz der oben beschriebenen Schwäche würde ich den SSA3032X Plus, bzw. einen seiner Geschwister, den SSA3015X Plus, SSA3021X Plus oder gar den SSA3075X Plus empfehlen.
Vorschau auf Teil 2
Im nächsten Teil werde ich einige Messungen mit den eingebauten Trackinggeneratoren zeigen. In der Bastelkiste finden sich ein paar gefräste Filterschaltungen, z.B. ein 1,4 GHz Streifenleitungsfilter und ein 800 MHz Bandpaßfilter. Beide Filter wurden mit dem Ansoft Designer SV2 entworfen und auf FR‑4 Basismaterial gefräst. Auch ein Filter mit eingebautem MMIC Verstärker sollte für Beispielmessungen verwendbar sein.
Mit einer ebenfalls auf FR‑4 gefrästen 23 cm Patch-Antenne und einem externen Richtkoppler werde ich Reflexionsmessungen durchführen.
Touchstone Dateien, üblicherweise mit der Endung .s1p oder .s2p sind lesbare Textdateien, die Netzwerk-Parameter enthalten. Diese Dateien sind zu einem Standard geworden. Sie können von vielen Programmen der HF-Meß- und Simulationstechnik gelesen und geschrieben werden. Mitunter ist es praktisch, sie auch mit einem Spreadsheetprogramm zu bearbeiten. Hier soll an einem einfachen Beispiel, den mit einem VNWA gemessenen s11 Parametern, die prinzipielle Vorgehensweise beschrieben werden.
Ein reales Beispiel
Hier ist das Ergebnis der s11-Messung einer kernlosen Zylinderspule. Die VNWA Betriebssoftware zeigt folgendes an:
s11-Messung an einer kernlosen Zylinderspule
Die Meßergebnisse können als Touchstone-Datei exportiert werden:
Hier wurde als Format Real und Imaginärteil gewählt. Andere Formate (Magnitude und Winkel bzw. dB und Phase) sind auch wählbar und können genauso gut weiterverarbeitet werden. Die ersten Zeilen sehen folgendermaßen aus:
! ListType=Lin
# MHz S RI R 50
5.0000000 0.0273505 0.9908113
5.0237559 0.0325082 0.9905086
Die erste Zeile startet mit einem „!“ und ist ein beliebiger Kommentar. Das „#“ in der zweiten Zeile kennzeichnet die Options-Zeile. In diesem Fall besagt sie, daß Frequenzen (erste Spalte) in MHz angegeben sind. Das „S“ bedeutet, daß s‑Parameter folgen und zwar im Format RI, also Realteil (zweite Spalte) und Imaginärteil (dritte Spalte). R kennzeichnet den Referenzwiderstand in Ohm, in diesem und den meisten anderen Fällen 50 Ohm. Dann folgen beliebig viele Zeilen mit s‑Parametern im beschriebenen Format. Andere Formate sollen hier nicht besprochen werden. Sie können der oben genannten Spezifikation entnommen werden.
Bevor man diese Datei nun mit einem Spreadsheet-Programm, wie z.B. LibreOffice, weiterverarbeiten kann, muß man sie in ein importfähiges Format umwandeln. Das geht am einfachsten, indem man sie mit einem beliebigen Text-Editor in ein CSV-Format umwandelt. CSV erwartet im einfachsten Fall eine Beschreibung der nachfolgenden Spalten in der ersten Zeile, gefolgt von den Daten. Spaltenelemente werden am besten durch „;“ getrennt, andere Trennzeichen sind aber auch möglich. Dann müssen noch auf den meisten europäischen PCs die Dezimaltrennzeichen von Punkt auf Komma geändert werden. Die importierbare CSV-Datei sieht dann so aus:
In LibreOffice importiert sieht das dann folgendermaßen aus:
s1p-File in LibreOffice importiert
Damit kann man arbeiten! Da LibreOffice mit einigen eingebauten Funktionen auch komplexe Zahlen bearbeiten kann, ist es hilfreich, die s11-Parameter zunächst in eine komplexe Zahl umzuwandeln. Das geht mit der Funktion Komplexe(real;imag;„j“) in Spalte D, wie hier für die erste Zeile gezeigt:
=KOMPLEXE(B2;C2;"j")
„real“ ist der Realteil und „imag“ der Imaginärteil der zu generierenden komplexen Zahl. Der dritte Parameter gibt an, wie die imaginäre Einheit genannt werden soll. In der Elektrotechnik wird normalerweise ein „j“ gewählt.
Da alle weiteren Berechnungen auf der komplexen Impedanz Z beruhen, sollte diese als nächstes berechnet werden. Das geht über folgende Formel:
1 + s11
Z = Z0 * ---------
1 - s11
In Libre Office wird die Formel dann folgendermaßen in Spalte E codiert:
=IMPRODUKT(50;IMDIV(IMSUMME(1;D2);IMSUB(1;D2)))
Die Bezeichnungen der Funktionen sind eigentlich selbsterklärend: IMSUMME() und IMSUB() berechnen die Summe bzw. die Differenz zweier komplexer Zahlen, IMDIV() den Quotienten und IMPRODUKT() das Produkt. Die Arbeit mit komplexen Zahlen wir damit zum Kinderspiel. Das Spreadsheet sieht nun folgendermaßen aus:
s1p-File mit s11 und Z als komplexen Zahlen
Aus der Impedanz und deren Komponenten X und R lassen sich nun wie in diesem Beitrag zusammengefasst weitere Parameter berechnen, z.B. die Induktivität L = X/ω und die Güte Q = X/R. Die dazu verwendeten LibreOffice-Funktionen sind:
Induktivität L [µH]: =IMAGINÄRTEIL(E2)/(2*PI()*A2)
Der Term „2∗PI()∗A2“ im Nenner entspricht dabei „2∗PI()∗f“, also ω. Da die Frequenz im MHz angegeben ist, wird die Induktivität ohne weitere Umrechnung in µH ausgegeben.
Güte Q: =ABS(IMAGINÄRTEIL(E2)/IMREALTEIL(E2))
Damit die Güte auch im kapazitiven Bereich positiv bleibt, wurde hier noch die ABS() Funktion verwendet.
Die Berechnung weiterer Parameter und die Weiterverarbeitung beispielsweise zum Glätten der Kurven und zur graphischen Darstellung sei dem geneigten Leser überlassen. Hier ist das Libre Office File zum Experimentieren:
Über das Wickeln von Spulen ist bereits viel nützliches geschrieben worden. Einige Links auf hilfreiche Artikel und Werkzeuge habe ich bereits bei der Beschreibung des Antennentuners angegeben. Diese Werkzeuge werden auch hier wieder verwendet.
Freitragende zylindrische Spulen werden oft als Luftspulen bezeichnet. Zu recht weißen manche darauf hin, daß das falsch sei, denn die Spule ist nicht aus Luft gewickelt, sondern aus einem Leiter, meistens aus Kupfer. Daher wird auch gerne der Begriff Luftkernspule als Gegensatz zur Ferritkernspule verwendet. Das halte ich, auch wenn es technisch und grammatikalisch korrekt ist, für unglücklich, dann die Luft im Kern der Spule hat keinen meßbaren Einfluß auf ihre elektrischen Eigenschaften. Ein Vakuum wäre im Rahmen unserer Amateurmeßmittel völlig identisch. Ich bevorzuge und verwende daher den Begriff kernlose Spule.
Meine Quelle für Kupferdraht
Die nachfolgend exemplarisch beschriebenen kernlosen Spulen sind aus blankem Kupferdraht gewickelt, der aus 3 x 1,5 mm² Mantelleitung gewonnen wurde (knapp 1,4 mm Durchmesser). Reststücke dieser Mantelleitung fallen bei der Hausinstallation an. Selbst wenn man solche Kabel nicht hat, ist es wohl preiswerter einen 25‑, 50- oder 100-m-Ring im Baumarkt zu kaufen, als Kupferlackdraht im Elektronikhandel. Oxidation der blanken Spule läßt sich z.B. mit Lötlack vorbeugen. Soll der Draht etwas dünner oder dicker sein, kann man auch Installationsleitungen mit 1 mm², 2,5 mm² oder noch größerem Querschnitt bekommen. Wem es auf das letzte Quäntchen Güte ankommt, der wird freilich zu versilbertem Kupferdraht (CuAg) greifen.
Zum Abmanteln der Kabel gibt es praktische preiswerte Werkzeuge im Baumarkt, soweit man sie nicht sowieso im Werkzeugkoffer hat. Als Beispiel dieses Exemplar, das knapp 40 Jahre alt ist und mutmaßlich dutzende Stunden im Einsatz war:
Abisolierer aus dem Baumarkt
Das Abmanteln einer einzelnen Ader auf mehrere Meter ist nicht ganz so trivial. Eine Abisolierzange ist nur für wenige Zentimeter geeignet. Ich habe mir daher ein kleines Werkzeug aus 8 mm dickem PVC gefräst. Es hat ein Loch mit 3 mm Durchmesser, durch den eine Ader mit Isolierung passt und in einer passend gefrästen Nut ist die Klinge eines Cutters mit Heißkleber eingeklebt. Diese Klinge ist so justiert, daß sie die Isolierung des Drahtes hinreichend weit einschneidet, so daß sie nach dem Durchziehen fast von selber abfällt. Hier zwei Fotos davon:
Abisolierer für einzelne Adern mit eingeklebter CutterklingeAbisolierer für einzelne Adern (mit isolierter Ader)
Ferritkern oder kernlose Spulen?
Es gibt doch so schöne und preiswerte Eisenpulver- und Ferritringkerne, die mit viel weniger Windungen und kleinerer Bauart dieselbe Induktivität erreichen, wie eine kernlose Zylinderspule. Da man mit einem kürzeren Draht auskommt, sollte auch die Güte besser sein. Warum soll man da eine kernlose Spule verwenden?
Alle Spulenkerne haben die prinzipiell nachteilige Eigenschaft, bei zu großer magnetischer Feldstärke in die Sättigung zu geraten. Bei kernlosen Spulen steigt die magnetische Flußdichte B proportional mit der magnetischen Feldstärke H, die wiederum von der Stromstärke in der Spule bestimmt wird. Bei Spulen mit Kernen ist das nicht mehr der Fall, in der Sättigung steigt die Flußdichte nur noch gering an (Weichmagnetische Werkstoffe). Die Induktivität der Spule wird daher bei hohen Leistungen nichtlinear. Die bei geringer Leistung mit einem VNWA gemessenen Daten sind also nicht ohne weiteres auf den Betrieb mit höherer Leistung übertragbar. Außerdem gibt es wegen der Hysteresekurve Ummagnetisierungsverluste, die die Güte der Kernspule negativ beeinflussen.
Daher müssen Kernspulen für die Betriebsleistung hinreichend dimensioniert sein. Aus eigener Erfahrung können Kerne schon bei 100 Watt Sendeleistung sehr heiß werden. Wenn sie dann die Curie-Temperatur überschreiten, verlieren sie völlig ihre magnetischen Eigenschaften. Zudem sind manche Kerne elektrisch leitend, was insbesondere bei hohen HF-Spannungen eine hinreichende Isolierung der Wicklung erfordert.
Aus diesen Gründen bevorzuge ich, wenn möglich, kernlose Spulen, zumindest wenn Leistung im Spiel ist oder eine möglichst hohe Güte benötigt wird.
Spulenmessung mit dem VNWA
Hat man nun nach einer der vorliegenden Anleitungen eine schöne Spule gewickelt, dann muß sie auch qualifiziert nachgemessen werden. Man will im wesentlichen wissen, ob sie die angestrebte Induktivität und Güte hat und natürlich auch, bei welcher Frequenz sie ihre Parallelresonanz aufweist. Nur unterhalb dieser Selbstresonanzfrequenz (SRF) ist sie als Induktivität zu gebrauchen.
Einlagige kernlose Zylinderspule
Zum Einstieg zeige ich mal den Bau und die Messung einer einlagigen kernlosen Zylinderspule aus 1,4 mm Kupferdraht mit 9 Windungen, 30,5 mm Durchmesser und 3 mm Windungsabstand, also 27 mm Gesamtlänge.
kernlose Zylinderspule mit 9 Windungen
Die Spule wurde zunächst auf einem Wickelkörper von etwa 28 mm Durchmesser, einem leeren Multivitamin-Brausetabletten-Röhrchen, gewickelt. Nach dem Wickeln dehnt sie sich wegen der verbleibenden Spannung auf gut 30 mm auf und kann dann leicht in einen vorbereiteten gefrästen Halter aus unbeschichtetem GFK-Material eingeschraubt werden. Er zwingt die Spule auf einen Durchmesser von 30,5 mm und einen Windungsabstand von 1,5 mm. Die zweite Reihe von Bohrungen ist zum Einschrauben einer äußeren, etwas größeren, Spule vorgesehen. Damit sind also zwei- oder mehrlagige kernlose Spulen möglich, die später noch untersucht werden.
Nach dem Spreadsheet von HB9DFZ sollte diese Spule eine Induktivität von 1,729 µH und bei 5 MHz eine Güte von 306,8 haben. Zu beachten ist, daß das Spreadsheet keine parasitären Kapazitäten, also auch keine Selbstresonanzfrequenz berücksichtigt. Daher wächst die errechnete Güte grenzenlos mit der Frequenz. Das Spreadsheet ist daher zur Abschätzung der Güte nur deutlich unterhalb der SRF zu gebrauchen.
Der Meßaufbau sieht folgendermaßen aus:
Der Testaufbau mit einem VNWA
Die Spule wird nur an den Meßausgang des VNWA angeschlossen, es werden also nur die s11-Parameter gemessen. Letztlich funktioniert die Messung genauso, wie die LTSpice-Simulation im vorherigen Beitrag: es wird eine definierte Meßspannung auf die Spule gegeben und der daraus resultierende Strom gemessen. Spannung und Strom werden jeweils in Betrag und Phase gemessen. Daraus werden dann wie bei LTSpice alle unten dargestellten Parameter errechnet.
Messung einer kernlosen Zylinderspule mit dem DG8SAQ VNWA
Zur Vergleichbarkeit mit den Simulationen sind auch hier wieder der Scheinwiderstand |Z|, die Induktivität L und die Güte QL dargestellt. Zur Verdeutlichung sind fünf Marker an unterschiedlichen Frequenzen eingefügt.
Bei niedrigen Frequenzen wird eine Induktivität von 1,75 µH gemessen, was erstaunlich genau der vorhergesagten Induktivität von 1,73 µH entspricht.
Die Selbstresonanzfrequenz der Spule liegt bei 98,4 MHz, am rechten Rand des Diagramms. Aus der SRF und der Induktivität von 1,75 µH kann man nach der Thomsonschen Schwingungsgleichung auf eine parasitäre Kapazität von etwa 1,5 pF schließen.
Die Güte bei 5 MHz liegt bei gemessenen 375, was den vorhergesagten 307 auch recht nahe kommt. Gütemessungen sind allerdings notorisch ungenau und werden weiter unten noch etwas detaillierter diskutiert.
Mitunter braucht man für die unteren Kurzwellenbänder Spulen höherer Induktivität. Ab dem oberen einstelligen µH-Bereich können solche Spulen mechanische Dimensionen annehmen, die in den üblichen Gehäusen kaum mehr handhabbar sind. Das ändert aber nichts an ihrer Machbarkeit. Als Beispiel soll jetzt eine Spule von etwa 12 µH untersucht werden.
Durch Ausprobieren praktikabler Werte erhält man mit dem Spreadsheet von HB9DFZ für eine Spule mit 80 mm Durchmesser und einer Länge von 33,6 mm bei 12 Windungen eine Induktivität von knapp 13 µH. Bei 10 MHz wird eine Güte von 930 prognostiziert.
Die Steigung von 2,8 mm wurde übrigens nach der Daumenregel ausgewählt, wonach der Windungsabstand für optimale Güte genauso groß sein soll, wie der Drahtdurchmesser, nämlich bei dem verwendeten Draht jeweils 1,4 mm.
Wegen des großen Durchmessers der Spule sind weitere Abstandshalter vorgesehen, die den korrekten Abstand der einzelnen Windungen sicherstellen.
Einlagige kernlose Zylinderspule, 12 Windungen, 80 mm Durchmesser
Die nachfolgende Grafik zeigt die Meßergebnisse:
Meßergebnisse der einlagigen kernlosen Zylinderspule
Man beachte, daß die vertikale Skalierung der Induktivität und der Güte gegenüber der vorigen Messung geändert wurde. Die Induktivität ist mit 14,2 µH etwas höher als berechnet. Bei der Güte sollte man sich nicht auf die Marker verlassen, die zufällig auf einem Ausreißer der Meßwerte stehen können. „Mit dem Auge gemittelt“ dürfte die 10 MHz-Güte bei etwa 400 liegen. Eine schmalbandigere Messung von 8 bis 12 MHz ergibt eine Güte von ungefähr 500, also etwa halb soviel, wie vorhergesagt. Die Selbstresonanzfrequenz liegt bei ungefähr 20 MHz.
Da eine Spule von 80 mm Durchmesser nur schlecht handhabbar ist, soll nun eine zweilagige kernlose Spule ähnlicher Induktivität untersucht werden.
Zweilagige kernlose Zylinderspule
Kernlose Zylinderspulen lassen sich mit einem gefrästen Wickelkörper auch leicht als zwei- oder mehrlagige Spulen fertigen. Das sollte die Induktivität bei niedrigem Bauvolumen deutlich erhöhen. Gleichzeitig wird man aber erwarten, daß die Selbstresonanzfrequenz sinkt, weil die parasitäre Kapazität größer wird, als bei einer einlagigen Spule.
Der nachfolgend untersuchte Prototyp der zweilagigen Zylinderspule besteht aus zwei zunächst unabhängigen Spulen. Sie sind einzeln gewickelt, wurden nacheinander in den Spulenträger eingedreht (am besten fängt man mit der inneren Spule an) und dann die Drähte am einen Ende aneinandergelötet, am anderen Ende wurde eine Meßbuchse angelötet.
Zu Beachten ist, daß der Wickelsinn beider Spulen gleich sein muß. Da die eine Spule nach oben und die andere nach unten steigt, muß die eine linksherum und die andere rechtsherum gewickelt werden. Zur Wahrung der Formstabilität und des Abstandes beider Spulen sind hier noch kleine Abstandshalter eingeklemmt. Beim Fräsen dieser Halter ist zu beachten, daß die Windungen der beiden Spulen nicht parallel verlaufen, sondern sich wegen der entgegengesetzten Wickelrichtung bei 90° und 270° schneiden. Die Einkerbungen auf beiden Seiten sollten sich also gegenüber liegen. Anders als hier gezeigt reichen zwei dieser Halter auch völlig aus.
Die innere Spule hat einen Durchmesser von 28 mm, die äußere von 36 mm. Sowohl auf der inneren wie auch auf der äußeren Spule sind 13,5 Windungen aufgebracht, was insgesamt 27 Windungen ergibt. Die Steigung beträgt jeweils 2,8 mm, was zu knapp 38 mm Spulenlänge führt (2,8 mm ∗ 13,5 Windungen).
Zur überschlägigen Bestimmung der Induktivität nehme ich einen mittleren Durchmesser von 32 mm und komme mit dem oben schon genannten Spreadsheet von HB9DFZ auf 12,88 µH und bei 10 MHz auf eine Güte von 213.
Meßergebnisse der zweilagigen Spule
Meßergebnisse der zweilagigen kernlosen Zylinderspule
Die gemessene Induktivität liegt bei etwa 11,4 µH, also etwas unterhalb, aber dennoch recht nahe bei den oben errechneten 12,88 µH. Die vorhergesagte Güte bei 10 MHz von 213 wird mit etwa 400 (wieder „mit dem Auge gemittelt“) deutlich überboten. Es fällt auf, daß die Güte auch bei Frequenzen über 10 MHz, anders als bei der einlagigen Spule, relativ hoch bleibt. Eine etwas breitbandigere Messung zeigt, daß die Selbstresonanzfrequenz bei etwa 19 MHz liegt.
Ein kurzer Vergleich mit der einlagigen Spule zeigt also, daß SRF und Güte nur wenig gesunken sind. Nicht vergessen darf man allerdings, daß die Induktivität der einlagigen Spule doch etwa 25% höher ist. Ein fairer Vergleich wirklich gleicher Induktivitäten, wird daher noch deutlicher zugunsten der einlagigen Spule ausfallen (aber „Welten“ liegen nicht dazwischen).
Vergleichsmessung einer Ringkernspule
Zum Vergleich mit den ein- und zweilagigen kernlosen Spulen soll eine Ringkernspule ähnlicher Induktivität untersucht werden. Weil vorhanden, fällt die Wahl auf einen FT114-61 Ringkern. Der mini-Ringkernrechner errechnet für 12 Windungen eine Induktivität von 11,4 µH.
Ringkernspule. 12 Windungen auf FT114-61
Meßergebnisse der Ringkernspule
Meßergebnisse der Ringkernspule
Die Induktivität liegt mit 10,9 µH auch hier leicht unter der prognostizierten von 11,4 µH. Die Selbstresonanzfrequenz ist hier nicht gezeigt, sie liegt bei knapp 30 MHz. Bei niedrigen Frequenzen von 1 und 2 MHz ist die Güte sehr hoch, sie sinkt aber schon bei 5 MHz unter die der kernlosen Spule und sie wird schon bei 10 und 14 MHz kaum mehr als ein fünftel der zweilagigen kernlosen Spule. Auch wenn man Gütemessungen immer etwas kritisch betrachten sollte, ist der Trend eindeutig.
Zusammenfassung der Meßergebnisse
Es wurden exemplarisch drei Spulen mit ungefähr gleicher Induktivität mit einem VNWA von DG8SAQ durchgemessen. Das nachfolgende Foto zeigt einen Größenvergleich der Spulen.
Größenvergleich der hier gemessenen Spulen
Die größte Spule is eine einlagige kernlose Spule mit 80 mm Durchmesser und 34 mm Höhe. Bei 10 MHz hat sie die beste Güte dieser Spulen und ihre Selbstresonanzfrequenz liegt bei 20 MHz. Die zweilagige kernlose Spule steht ihr in den elektrischen Eigenschaften kaum nach, hat aber weniger als den halben Durchmesser, belegt damit also weniger als ein viertel der Fläche und ist nur 4 mm höher.
Die Größe der Ringkernspule ist unschlagbar. Ihr Durchmesser ist dem der zweilagigen Zylinderspule ähnlich (33 mm vs. 36 mm), aber die Höhe beträgt mit 10 mm nur ein gutes viertel der Zylinderspule. Dafür ist die Zylinderspule wesentlich höher belastbar. Ihre Güte von etwa 400 bedeutet, daß sie ein vierhundertstel der beaufschlagten Leistung in Wärme umwandelt, also 1 Watt bei 400 Watt Leistung. Da sie „luftgekühlt“ ist, würde ich ihr ohne weiteres 2,5 W Verlust zumuten, sie also mit 1 kW betreiben. In der Ringkernspule wird bei einer Güte von 80 bereits bei 80 W Belastung ein Watt verbraten. Da sie wegen der kompakten Bauweise viel schlechter gekühlt wird, ist diese Belastung schon bedenklich.
Gütemessungen sind notorisch ungenau und rauschbehaftet. Das liegt daran, daß Gütemessungen an die Meßgrenzen stoßen. Der Blindwiderstand liegt in der Größenordnung hunderte Ohm bis wenige kΩ, während der Wirkwiderstand in der Größenordnung einiger 100 mΩ bis wenigen Ohm liegt. Außerdem kann die Spule Störungen aus der Umgebung einfangen. Die oben gezeigte Meßkurve verwendet schon einen Trick, um die Kurve zu glätten: die Kurve der Güte wird über die jeweils benachbarten 40 Meßpunkte geglättet (smoothing). Die ungeglättete Kurve sieht so aus:
Messung einer kernlosen Zylinderspule mit dem DG8SAQ VNWA, ohne Smoothing der Güte
Und das ist noch harmlos, denn man kann schon optisch nur mit dem Auge die Güte abschätzen. Das ist nicht immer so. Die beiden anderen Kurven in diesem Beispiel sind übrigens nicht geglättet.
Dieselbe Spule ist hier nochmal etwas schmalbandiger gemessen und neben der Güte wird auch noch ihr Blindwiderstand und ihr Wirkwiderstand dargestellt.
Güte, Wirk- und Blindwiderstand einer Spule
Güte und Wirkwiderstand sind über jeweils 40 Meßwerte geglättet, der Blindwiderstand ist nicht geglättet. Die Güte wird aus Q=X/R berechnet und man sieht and den Meßwerten deutlich, daß der Wirkwiderstand R für das Rauschen und die nicht-Monotonie der Güte verantwortlich ist. Die Güte folgt spiegelbildlich dem Wirkwiderstand, die Kurve des Blindwiderstands ist im Rahmen der Meßgenauigkeit rauschfrei und monoton.
Trotz Glättung verbleiben Unregelmäßigkeiten (nicht-Monotonien) in den Meßkurven, die nicht mehr auf Rauschen zurückzuführen sind. Man sieht hier z.B. eine Erhöhung des Wirkwiderstandes und entsprechende Verminderung der Güte zwischen etwa 15 und 30 MHz. Sie bleiben bei Wiederholungen der Messung im wesentlichen gleich. Die Ursache ist unbekannt und gelegentlich werde ich da nochmal weiter forschen.
Man kann die Meßkurve noch weiter glätten und auch eine Ausgleichskurve oder einen Spline dafür berechnen. Das sollte natürlich mit großer Vorsicht gemacht werden, weil es zwar die Kurven verschönert, aber die wahren Ursachen verdeckt.
Verbesserung von Gütemessungen
Zur Verbesserung der Gütemessungen schlägt Kurt, OZ7OU, zwei unterschiedliche Maßnahmen vor. Zum einen hilft es, die Spule von äußeren Störungen abzuschirmen und sie z.B. in einen leeren Farbeimer zu montieren. Zum anderen kann man die Güte auch bei Serienresonanz messen, wo die Impedanzen ein Minimum erreichen, bei dem sie mit guter Auflösung meßbar sind. Eine Serienresonanz erreicht man durch Einschleifen eines passenden Kondensators hoher Güte.
Die Güte Q eines Schwingkreises im Resonanzfall errechnet sich aus der Güte QC des Kondensators und der Güte QL der Spule nach folgender Formel:
Schwingkreisgüte:
QL * QC
Q = ────────
QL + QC
Wenn man einen Kondensator auswählt, dessen Güte weitaus höher als die der Spule ist, dann nähert sich die gemessene Güte Q der Güte der Spule QL an. Zumindest erhält man eine gute untere Abschätzung: auch bei einem Kondensator geringer Güte, ist die tatsächliche Güte der Spule also immer noch besser, als die damit gemessene Güte.
Der kleine Nachteil dieser Methode ist, daß man mit einem festen Kondensator immer nur die Güte bei einer einzigen Frequenz messen kann. Kurt schlägt daher vor, einen Drehkondensator zu verwenden, um die Güte leicht bei mehreren unterschiedlichen Frequenzen zu messen.
Da hier keine hohen Anforderungen an die Präzision der Gütemessung gestellt werden sollen, gebe ich mich für die hier gezeigten Spulen mit der gemessenen (und geglätteten) Güte des VNWA zufrieden. Sie liegen, wie eingangs gezeigt, nicht um Größenordnungen daneben und sollten zumindest für vergleichende Messungen hinreichend genau sein.
Weitere geplante Versuche: Sonderbauformen
Bei Gelegenheit werde ich noch einige leicht zu fertigende Sonderbauformen kernloser Spulen untersuchen.
n‑eckige kernlose Spulen
Spulen müssen nicht zylinderförmig sein, sondern sie können auch einen n‑eckigen Querschnitt haben. Mit n gegen unendlich wird daraus dann wieder eine Zylinderspule. Da die Induktivität bei sonst gleichen Eigenschaften linear mit dem Querschnitt A wächst, hat eine quadratisch gewickelte Spule gegenüber einer gleichgroßen Zylinderspule eine knapp 30% höhere Induktivität (Zylinderspule: AZ=π/4∗d²; Quadratspule: AQ=d²; AQ/AZ=4/π=1,27). Die Länge L des Wickeldrahtes steigt um denselben Prozentsatz (LZ=π∗d vs. LQ=4∗d; LQ/LZ=4/π=1,27), wodurch die Güte in erster Näherung für gleiche Induktivitäten gleichbleiben sollte. Kernlose Spulen mit quadratischem oder rechteckigem Querschnitt könnten eine kompaktere Bauweise der damit ausgestatteten Geräte ergeben, weil sie den bei einer Zylinderspule ungenutzten Raum mitbenutzen. Das kann aber auch zu einem Nullsummenspiel werden, wenn größere Abstände eingehalten werden müssen, um Kopplungen zu benachbarten Bauelementen zu verringern.
Versetzte Wicklungen n‑eckiger Spulen
Bei n‑eckigen Spulen kann man auf einem geeigneten Wickelkörper einzelne Windungen gegeneinander verdrehen. Das Prinzip wird bei Kreuzwickelspulen schon lange angewendet. Das sollte zu einer Verringerung der parasitären Kapazität und einer entsprechenden Erhöhung der Selbstresonanzfrequenz führen.
Konische Spulen
Seit einiger Zeit werden für den UHF-Frequenzbereich konische Spulen angeboten, die zwar zylindrisch sind, deren Durchmesser sich aber über die Länge ändert. Das soll die Güte der Spule erhöhen. Mal sehen, ob da was (meßbares) dran ist.
Eine Spule zu bauen ist einfach: ein paar Windungen Draht auf einen passenden Wickelkern aufwickeln, einlöten, fertig. Deutlich schwieriger wird es, wenn die Spule bestimmte mechanische und elektrische Eigenschaften haben soll: Abmessungen, Induktivität, Güte, Selbstresonanzfrequenz (SRF) oder minimale elektrische Belastbarkeit für Senderendstufen und zur Antennenanpassung. Diese Beitragsreihe zeigt Beispiele zur Simulation idealer und realer Spulen mit LTSpice, zum Wickeln solcher Spulen und zur Messung der Parameter mit dem VNWA von DG8SAQ.
Wir starten mit einer kurzen Wiederholung der Grundlagen und der Simulation. Den üblichen Konventionen folgend werden hier komplexe Zahlen mit einem Unterstrich und die imaginäre Einheit, wie in der Elektrotechnik üblich, mit j gekennzeichnet.
Eine Spule hat die Induktivität L, die von ihren mechanischen Abmessungen bestimmt wird. Wird sie von einem elektrischen Strom durchflossen, erzeugt sie ein Magnetfeld, das Energie speichert. Jede Spule hat einen komplexen Wechselstromwiderstand, die Impedanz Z:
Impedanz:
Z = R + jω ∗ L
(1)
Der Realteil der Impedanz ist der Wirkwiderstand R:
Wirkwiderstand:
R = Re(Z)
(2)
Der Imaginärteil der Impedanz ist der Blindwiderstand X:
Blindwiderstand:
X = Im(Z) = 2πf ∗ L = ω ∗ L
(3)
Der Scheinwiderstand Z (nicht komplex, daher ohne Unterstrich) ist die pythagoräische Summe von Wirk- und Blindwiderstand:
Scheinwiderstand:
Z = |Z| = Mag(Z)
(4)
Die Spulengüte Q ist das Verhältnis des Blindwiderstandes X zum Wirkwiderstand R einer Spule:
Spulengüte:
Q = X / R
(5)
Re(), Im() und Mag() sind Funktionen, die LTSpice für komplexe Zahlen unterstützt.
Der Wirkwiderstand einer idealen Spule ist R = 0 Ω und ihr Blindwiderstand X steigt nach (3) proportional mit der Frequenz f. Das schauen wir uns nun einmal in einer LTSpice-Simulation an.
Simulation einer (fast) idealen Spule
Da die Simulation einer idealen Spule L1 mit R = 0 Ω nach (5) zu einer unendlichen Güte führt, beginnen wir mit der Simulation einer fast idealen Spule. Sie soll eine Induktivität von 10 µH, einen reellen Widerstand von R1 = 1 mΩ und keine parasitäre Parallelkapazität haben (C1 = 0 pF):
Ersatzschaltbild der fast idealen Spule
Die untere Zeile bedeutet, daß eine lineare AC-Simulation von 1 Hz bis 5 MHz und 500 Punkten durchgeführt wird. Hier die grafischen Ergebnisse:
AC Simulation der fast idealen Spule
Die Simulation zeigt oben den Scheinwiderstand Z (siehe (4)), in der mittleren Grafik die Induktivität der Spule (nach Gleichung (3)) und unten ihre Güte (nach (5)). Alle drei Parameter werden aus der komplexen Impedanz Z errechnet, die der Quotient der angelegten komplexen Spannung und dem daraus resultierenden komplexen Strom ist. LTSpice errechnet die Impedanz über die Formel Z = V(V1)/-I(V1). Das negative Vorzeichen beim Strom ergibt sich aus der Stromrichtung.
Durch Vektoraddition des Real- und Imaginärteils dieser Impedanz ergibt sich ein Summenvektor, dessen Länge der Scheinwiderstand Z = |Z| ist. LTSpice errechnet die Länge eines Vektors mit der Funktion mag():
Z = |Z| = mag(V(v1)/-I(V1))
Die Formel für den Blindwiderstand der Spule (3) wird nach der Induktivität aufgelöst also gilt L = X / ω:
L = 10∗∗6∗im(V(v1)/-I(v1))/w
Netterweise kennt LTSpice auch die Kreisfrequenz ω (= 2πf), die mit dem lateinischen Buchstaben „w“ in die Formel eingegeben wird. Dieser Ausdruck wird noch mit 106 multipliziert, damit das Ergebnis in µH angezeigt wird. Die dargestellte Einheit für die y‑Achse möge man hier ignorieren, es sollte tatsächlich µH sein, der Zahlenwert ist korrekt. Die Induktivität ist über die Frequenz konstant, so wie man es von einer idealen Spule erwartet.
Im unteren Diagramm ist die Spulengüte Q dargestellt, die nach (5) errechnet wird:
im(V(v1)/-I(V1))/Re(V(v1)/-I(V1))
Da der Blindwiderstand bei der idealen Spule linear mit der Frequenz steigt und der Wirkwiderstand konstant bleibt, steigt die Güte der Spule linear mit der Frequenz. Hier sieht man, warum eine „fast“ ideale Spule mit einem sehr geringen Wirkwiderstand größer als null gewählt wurde: die Güte würde sonst unendlich hoch (LTSpice fängt den Fehler der Division durch null ab, stellt aber keine Kurve dar). Bei einer realen (nicht supraleitenden) Spule sind die hier errechneten Güten von einigen 100k natürlich nicht erreichbar. Reale Spulen haben Güten zwischen 100 und 1000, mit Abweichungen nach oben und unten. Die Güte wird hier noch mit der Funktion abs() auf positive Werte umgerechnet. Wie sich später zeigen wird, würde sie sonst jenseits der Selbstresonanzfrequenz negativ, weil die Spule dann zu einem Kondensator mutiert.
Simulation realer Spulen
Eine reale Spule ist leider niemals ideal. Neben ihrer Induktivität L hat sie eine signifikante parallele Kapazität C und einen Wirkwiderstand R größer null:
Einfaches Ersatzschaltbild einer realen Spule
Den Wirkwiderstand bildet im wesentlichen der frequenzabhängige Widerstand des Wickeldrahtes. Er steigt wegen des Skin-Effekts und des Proximity-Effekts mit der Frequenz. Die Parallelkapazität C kommt durch die Nähe der einzelnen Windungen und der Anschlußdrähte zustande. R und C sind also konstruktionsabhängig und können daher in weiten Bereichen variieren. Nur um ein Gefühl zu bekommen: bei den für Amateurfunkzwecke im Kurzwellenbereich benötigten Spulen von etwa 50 nH ~ 25 µH, die mit Kupferdraht von ein bis zwei Millimeter Durchmesser gewickelt werden, liegt R in der Größenordnung von wenigen Ohm und C in der Größenordnung von wenigen Pikofarad.
L und C bilden einen Parallelschwingkreis, der die Nutzbarkeit der Spule schon deutlich unterhalb seiner Selbstresonanzfrequenz einschränkt. Bei Frequenzen oberhalb der SRF ist die Spule als solche völlig unbrauchbar, denn sie ist keine Spule mehr, sondern sie wirkt wie ein Kondensator. Wegen der Parallelkapazität C steigt der Blindwiderstand der Spule schon unterhalb der SRF nicht mehr proportional mit der Frequenz an, so wie es bei der idealen Spule der Fall wäre. Der Kondensator bewirkt einen überproportionalen Anstieg des Blindwiderstandes, der dann bei der Selbstresonanzfrequenz unendlich groß wird.
R aus dem obigen Ersatzschaltbild bestimmt damit also umgekehrt proportional die Güte der Spule: je kleiner R ist, umso höher ist die Güte. Da XL mit der Frequenz steigt, steigt also auch die Spulengüte mit der Frequenz. Das schauen wir uns jetzt mal in der Simulation an.
Simulation einer fast realen Spule
Schauen wir zunächst einmal, was passiert, wenn der Wirkwiderstand auf etwas übertriebene 10 Ω erhöht wird und die Parallelkapazität weiterhin entfällt:
Ersatzschaltbild der fast realen SpuleAC Simulation der fast realen Spule
Der Scheinwiderstand kann nicht niedriger als der Wirkwiderstand sein. Er ist daher auch bei niedrigen Frequenzen nicht nahe null, sondern er startet bei den vorgegebenen 10 Ohm. Bei steigenden Frequenzen wird der Wirkwiderstand gegenüber dem Blindwiderstand immer weniger signifikant, so daß sich der Scheinwiderstand zu höheren Frequenzen hin nicht sichtbar von der vorigen fast idealen Simulation unterscheidet.
Die Induktivität bleibt auch hier konstant über der Frequenz. Auch die Güte bleibt linear frequenzabhängig, fällt aber signifikant ab. Das ist natürlich kein Wunder, denn der Wirkwiderstand steht im Nenner und geht umgekehrt proportional in die Güte ein.
Simulation einer realen Spule
Soweit war das zu erwarten. Jetzt schalten wir noch einen Kondensator von (relativ realen) 10 pF parallel und schauen uns das Ergebnis an:
Ersatzschaltbild der realen Spule
Zu Beachten ist, daß diesmal die Simulation bis 12 MHz und damit nahe an die SRF der Spule von knapp 16 MHz geht.
AC Simulation der realen Spule
Scheinwiderstand, errechnete Induktivität und Güte ändern sich nun signifikant und nicht mehr linear mit der Frequenz. Bei niedrigen Frequenzen bleibt die Induktivität bei 10 µH und steigt dann mit der Frequenz stark an. Bei 12 MHz hat sie schon eine errechnete Induktivität von 23 µH. Die Güte der realen Spule steigt zunächst mit der Frequenz an, erreicht (hier bei etwa 9 MHz) ein Maximum und fällt dann wieder ab.
Bei diesen Simulationsergebnissen stellt sich sofort die Frage, ob die Simulation korrekt ist. Es sei hier vorweggenommen, daß die Messungen an realen Spulen mit dem VNWA dieselben Ergebnisse liefern, die Induktivität der Spule steigt mit der Meßfrequenz an. Hat die Spule also bei 12 MHz tatsächlich mehr als die doppelte Induktivität als bei 6 MHz? Welcher Wert gilt denn nun?
Bauen wir einfach mal einen Parallelschwingkreis für 12 MHz. Aus der bekannten Thomsonschen Schwingungsgleichung berechnen wir die notwendige Parallelkapazität.
Resonanzfrequenz:
1
f0 = ───────────────
_____
2 ⋅ π ⋅ ╲╱L ⋅ C
(6)
Für L = 10 µH errechnet man für 12 MHz eine Parallelkapazität von 17,6 pF. Zu den bereits parasitär vorhandenen 10 pF müssen wir also 7,6 pF für die Resonanz hinzufügen. Rechnen wir mit der simulierten bzw. gemessenen Induktivität von 23 µH bei 12 MHz, die schon die 10 pF enthält, dann kommen wir ebenfalls auf 7,6 pF. Für einen Parallelschwingkreis sind also beide Induktivitäten korrekt und führen zum selben Ergebnis. Gleiches gilt für den Serienresonanzkreis.
Zusammengefasst: nimmt man zur Schwingkreisberechnung die bei niedriger Frequenz gemessene Induktivität, so muß man für den Kondensator immer noch die tatsächliche parasitäre Kapazität berücksichtigen, also von der errechneten Kapazität abziehen. Nimmt man die bei der Sollfrequenz gemessene Induktivität für die Berechnung, dann ist die parasitäre Kapazität bereits „eingepreist“ und man berechnet nur noch die zusätzlich benötigte Kapazität.
Die Güte steigt zunächst recht linear mit der Frequenz an, so wie bei der idealen Spule. Sie erreicht aber ein Maximum und wird bei der SRF zu null, weil dann der Wirkwiderstand sehr groß wird.
Simulation einer realen Spule bis oberhalb der Selbstresonanzfrequenz
Nachfolgend noch eine Simulation der realen Spule bis 20 MHz, also über die SRF hinaus.
Ersatzschaltbild der realen Spule bis über die Selbstresonanzfrequenz hinausAC Simulation der realen Spule bis über die Selbstresonanzfrequenz hinaus
Hier sieht man das Verhalten bei der Selbstresonanzfrequenz von knapp 16 MHz. Der Scheinwiderstand wird sehr hoch, so wie man das von einem Parallelschwingkreis erwartet. Bei der SRF werden Induktivität und Güte rechnerisch zu null, darüber haben wir es mit einem Kondensator zu tun. Die Impedanz wird negativ und die Güte wird von der deutlich höheren Güte des Kondensators bestimmt.
Diese Simulation erlaubt mit der nach C umgeformten Thomsonschen Schwingungsgleichung (6) die Berechnung der parasitären Kapazität: C = 1/(L∗ω2). Mit der bei niedrigen Frequenzen gemessenen Induktivität von 10 µH und der SRF bei 15,9 MHz ergibt sich dann die parasitäre Kapazität von 10 pF.
Soweit zur Spice-Simulation elektrischer Spulen. Im nächsten Teil dieser Serie sollen real gewickelte Spulen mit dem VNWA gemessen und bewertet werden.