Der Weg vom Shack nach draußen auf den Balkon, wo die Antennen z.T. schon aufgestellt sind und noch werden sollen, ist begrenzt. Ich habe eine Kernbohrung von immerhin 40 mm durch die Außenmauer des Hauses getrieben, aber da sollen immerhin mindestens drei Ecoflex-10 Koaxkabel durch, ein vieradriges Kabel für die Rotorsteuerung und ein etwas dünneres mehradriges Kabel für die RS-485-ModBus-Schnittstelle, über die ich verschiedene Außengeräte ansteuern will, inklusive der für die Geräte notwendigen Spannungsversorgung. Etwas Reserve für ein viertes oder fünftes Koaxkabel wäre auch anzuraten. Außerdem hat mein IC-7300, so wie wohl die meisten Kurzwellen-Transceiver, nur einen einzigen Antennenausgang. Wie ich es auch drehe und wende, es muß ein ferngesteuerter Antennenumschalter für Kurzwelle her. Sowas kann man natürlich kaufen, aber unsereins bastelt ja gerne und für Kurzwelle sollte der Selbstbau keine allzugroße Herausforderung sein.
Vorüberlegungen
Ich hatte mir das immer recht kompliziert vorgestellt, spezielle Koaxrelais, impedanzkontrollierte Streifenleitungen, hochspannungsfeste Bauteile und nicht zuletzt alles in einen abgeschirmten Metallkäfig eingebaut. Realistisch betrachtet reden wir aber von einer Wellenlänge von mindestens 10 m und einer Leistung von 100 Watt. Mit der Aussage, daß Leitungslängen von weniger als einem zwanzigstel der Wellenlänge zwar meßbar, aber noch nicht sonderlich relevant sind, bin ich ganz gut durch mein Berufsleben gekommen. Selbst wenn ich noch das 4‑m-Band bei 70 MHz mit gewissen Abstrichen dazunehme, dann kann ich also recht guten Gewissens 20 cm lange Leitungen verlegen, ohne mir um die Impedanz und Signallaufzeiten große Sorgen zu machen.
100 Watt in einem 50 Ohm-System bedeuten gut 70 Veff bei einer Stromstärke von nicht einmal 1,5 A. Das lässt sich gut mit preiswerten und kleinen Bauelementen beherrschen. Man braucht für die Verdrahtung kein 10 mm dickes Koaxkabel und auch keine N‑Steckverbinder. SMA-Steckverbinder sollen im Kurzwellenbereich für mehr als 1 kW Leistung gut sein und selbst RG174U-Kabel soll bis zu 1,1 kV aushalten, RG58U sogar bis zu 1,4 kV. Diese Grenzen muß man freilich nicht austesten, aber es zeigt, daß die Bauteile für die im Amateurfunk zugelassenen Leistungsgrenze von 750 Watt zu gebrauchen sind, erst recht für nur 100 Watt. Allerdings sollte man im Hinterkopf behalten, daß die heutzutage populären digitalen Betriebsarten im Gegensatz zu CW oder SSB diese Leistung über eine längere Zeitspanne von mindestens 15 Sekunden bei FT‑8, 2 Minuten bei WSPR oder gar viele Minuten bei RTTY vertragen müssen.
Die Realisierung
Da auf dem Balkon bereits ein wasserdichtes IP65 Kunststoffgehäuse vom Typ RND 455–00166 für die diversen Kabeldurchführungen an der Wand hängt, soll auch der Antennenumschalter in ein solches baugleiches Gehäuse eingebaut werden. Wenn man an den Rändern etwas Platz lässt, kann man bequem 230 mm x 150 mm verbauen und hat dafür eine Höhe von mindestens 70 mm zur Verfügung. Die untere Fläche reicht links oder rechts für den Einbau von sechs N- oder SO239-Buchsen aus. Auf die andere Seite kommen dann die Steckverbinder für die Spannungsversorgung und die RS485 Leitung. Letztlich hat dieses Gehäuse dann die Anzahl der anschließbaren Antennen bestimmt, vier Ausgänge waren Pflicht, da sechs Ausgänge passen, ist es nun ein 6‑fach Umschalter geworden. Hier der Schaltplan und die KiCad-3D-Ansicht:



Die Leiterplatte ist 100 mm hoch und 200 mm breit und auf doppelseitigem FR‑4 Material gefräst.
Zur Steuerung ist das ATTiny1634-Modul mit RS485-Schnittstelle eingesetzt. Es ist in der 3D-Vorschau oben hinter dem Abschirmblech zu sehen. Über einen ULN2803A treibt dieses Modul die Relais auf dem unteren Teil der Platine an. Zwischen Steuermodul und HF-Umschalter ist auf beiden Seiten der Leiterplatte ein etwa 2,5 mm breiter Isolationskanal gezogen. Die Flächen sind jeweils ausgefüllt und mit Masse verbunden, die Seite des Steuermoduls mit der „digitalen“ Masse des Prozessors, die des Umschalters mit der geerdeten Abschirmung der Koaxkabel. Zur Verbindung mit den jeweiligen N- oder SO239-Antennenbuchsen am Gehäuse werden SMA-Buchsen eingesetzt.
Als Relais sind Schrack PE014012 eingesetzt, die für 250 VAC und 5 A spezifiziert sind. Auch das sollte nominal für mehr als 1 kW Leistung reichen. Schalten sollte man natürlich möglichst ohne Last.
Jede einzelne Antenne ist über Gasentladungsröhren gegen statische Überspannungen geschützt. Sie zünden bei 600 V. Außerdem ist jeweils ein hochohmiger Widerstand parallel geschaltet, der niedrigere statische Aufladungen ableiten soll. Die SMA-Buchsen der obere Reihe sind jeweils im Ruhezustand mit der zugehörigen Antenne verbunden. Die Idee ist hier, daß vielleicht mal ein kleiner WSPR-Sender in das Gehäuse eingebaut werden kann, der dann die Antenne benutzt, wenn sie nicht von der Station im Shack benötigt wird. Die Bestückung diese Buchsen ist natürlich optional.
Die SMA-Buchsen auf der Leiterplatte haben nur drei Massepins, damit das Signal des Centerpins bequem und mit großem Abstand nach außen geführt werden kann. Das soll die Isolationsstrecke auf mindestens 1 mm vergrößern und so höhere Spannungen zulassen. Einer der vier Pins der SMA Buchsen muß daher vor dem Einlöten abgebrochen werden.
Nicht alle notwendigen Leitungen sind auf der Leiterplatte untergekommen. Die Verteilung der HF auf die Relais soll über einen dicken Draht auf der Unterseite der Platine im Abstand von einem oder zwei Millimetern erfolgen. Auch die Schalteingänge der Relais müssen über Drahtstücke mit den Treiberausgängen des ULN2803A verbunden werden.
Die Leiterplatte ist doppelseitig gefräst, aber ohne Durchkontaktierungen. Auf der Oberseite sind allerdings keine Leiterbahnen verlegt, sondern nur die Masseflächen, wie auch auf der Unterseite. Daher muß nicht jeder Pin auch oben angelötet werden. Den einen oder anderen Massepin sollte man aber schon beidseitig kontaktieren, damit die Massefläche überhaupt eine Wirkung haben kann.


So, jetzt werde ich erstmal die Platine zusammenlöten und zumindest die Dämpfung der einzelnen Kanäle im Kurzwellenbereich messen. Danach geht’s mit dem zweiten Teil dieses Beitrags weiter.
Hier ist der zweite und hier der dritte Teil.