Nachdem im ersten Teil einige spektrale Messungen des Siglent SSA3032X Plus im Vergleich zum Rigol DSA815-TG gezeigt wurden, sollen in diesem Teil nun Vergleichsmessungen mit den eingebauten Trackinggeneratoren (TG) durchgeführt werden.
Die Funktion eines Trackinggenerators ist schnell erklärt: er generiert ein Signal mit genau der Frequenz, die der Spektrumanalysator (SA) zu diesem Zeitpunkt gerade mißt. Damit ist seine Funktion die eines klassischen Wobbelsenders, nur daß eben der Detektor in Form des SA bereits eingebaut ist. Ein SA mit TG gestattet damit ohne weitere Hardware Transmissionsmessungen (s21), mit einem externen Richtkoppler aber auch Reflexionsmessungen (s11). Anders als mit einem vektoriellen Netzwerkanalysator (VNA) geht beides aber nur skalar, nicht vektoriell. Phasenverschiebungen kann ein SA mit TG also nicht erkennen.
Transmissionsmessungen
Bei allen Durchgangsmessungen wird zunächst eine Referenzmessung durchgeführt, indem der TG-Ausgang and den SA-Eingang mit einem möglichst kurzen und hochwertigen Kabel kurzgeschlossen wird. Dieses Meßergebnis wird als Referenz gespeichert und alle weiteren Messungen darauf bezogen.
Isolationsmessung
Zunächst muß man feststellen, welche Dynamik man im Meßbereich überhaupt erwarten kann. Es ist unvermeidlich, daß ein geringer Teil des TG-Ausgangssignals bereits intern in den hochempfindlichen Eingang des SA leckt. Egal was man anschließend außen anschließt, dieses Leck kann man nicht mehr beseitigen. Es bestimmt also den minimalen Pegel, den man messen kann.
Für die Isolationsmessungen werden beide Buchsen offen gelassen.


Bessere Isolationswerte als die hier gemessenen grob ‑35 bis ‑45 dB beim DSA815 und ‑45 bis ‑55 dB beim SSA3032X Plus wird man also beim Anschluß eines Testobjekts nicht erwarten können.
Messung von Kabeldämpfungen
Reale Kabel sind bekanntlich nicht verlustfrei, Koaxialkabel schon garnicht. Daher soll jetzt als einfachste Übung die Dämpfung eines 20 m langen RG-58 und eines 25 m langen RG-174 Kabels über der Frequenz gemessen werden. Hier die verwendeten Testobjekte:


…und hier die Meßergebnisse der Durchgangsmessungen:




Die Messungen zeigen frequenzabhängige Welligkeiten, die auf Fehler in der Anpassung zurückzuführen sind. Sie sind vermutlich auf Abweichungen des Wellenwiderstands des Kabels zu den 50 Ohm der Quelle und des Meßeingangs zurückzuführen.
Die gemessenen Dämpfungen sind im wesentlichen konsistent. Kleinere Abweichungen ergeben sich, wenn der Marker gerade auf einem Berg oder Tal der Welligkeit steht. Beim RG-174 Kabel kommen beide Meßinstrumente bei den hohen Frequenzen an ihre eingangs gemessene Isolationsgrenze. Die hier gefundenen Dämpfungswerte stimmen im Rahmen der Meßgenauigkeit mit den publizierten Daten überein.
Messungen passiver Filter
In der Bastelkiste fanden sich einige passive Filter, die vor vielen Jahren mit dem Ansoft Designer SV entworfen und auf FR‑4 Leiterplattenmaterial gefräst wurden. Als Beispiele wurde ein 435 MHz und ein 850 MHz Bandpass-Filter ausgewählt. Das 435 MHz Filter ist ein Streifenleitungsfilter und das 850 MHz Filter ist ein LC-Filter, bei dem jedoch die Induktivitäten und ein Teil der Kapazitäten als Leiterbahnelemente ausgeführt sind. Hier sind Fotos der verwendeten Filter:




Eine Seite der Filter ist jeweils eine durchgehende Massefläche und die andere Seite stellt die Filterstruktur dar. Das Interdigital-Filter besteht nur aus vier Microstrip-Leitungen, deren Dimensionen und Abstand vom Filter-Designprogramm errechnet werden.
Das LC-Filter besteht aus drei kapazitiv gekoppelten Parallelschwingkreisen. Die runden Kupferflächen sind Kondensatoren mit etwa 7 pF zur gegenüberliegenden Massefläche und die kleinen etwa 10 mm langen Leiterbahnen sind dazu parallelgeschaltete Induktivitäten von jeweils etwa 5 nH. Sie sind am anderen Ende zur Massefläche durchkontaktiert. Als Koppelkondensatoren sind 0.75 pF Keramikkondensatoren der Größe 0805 eingesetzt. Warum die ganze Filterstruktur nicht um 180° gedreht ist, damit die Leitungslängen kürzer werden, ist mir übrigens heute auch nicht mehr klar.
Die Ansoft Simulation ergibt folgende Durchgangscharakteristiken:










Bei dem 435 MHz Microstrip-Filter erkennt man deutlich deren prinzipielle Eigenschaften: sie lassen nicht nur die Grundwelle durch, sondern auch deren Oberwellen. Die Schmalbandmessungen zeigen den 10 dB Durchgangsbereich des Filters, der bei etwa 50 MHz Bandbreite liegt. Es gibt kleine Unterschiede in den Messungen, die man nicht überbewerten sollte. Eine erneute Messung wird bei jedem der Geräte wieder Abweichungen zeigen. Beide Schmalbandmessungen zeigen eine gute Übereinstimmung der Durchlasskurve mit der Simulation. Auch die Mittenfrequenz stimmt recht gut. Die Dämpfung des realen Filters ist geringfügig höher als simuliert.
Das 850 MHz LC-Filter hat dagegen nur einen einzigen ausgeprägten Durchlassbereich, nämlich um 800 MHz herum. Er liegt damit also etwa 50 MHz unter dem simulierten Durchlassbereich. Das ist sicherlich auf Ungenauigkeiten beim Fräsen der Leiterplatte oder Abweichungen von der tatsächlichen Dielektrizitätskonstante zurückzuführen und spielt hier beim Vergleich der beiden Spektrumanalysatoren keine Rolle. Beide Geräte sehen die Dämpfung im Durchlassbereich übereinstimmend bei etwas über 7 dB und die 3 dB Bandbreite bei etwa 60 MHz.
23 cm LNA mit MMIC
Zum Abschluß der Transmissionsmessungen soll noch ein aktiver Vorverstärker gezeigt werden, ein LNA mit einem „Monolithic Microwave IC“, MMIC. Der hier eingesetzte Typ ist ein MGA-62563 von Avago. Er soll laut Datenblatt 17 dB Gewinn im 23 cm Band erzielen. Auch hier ist wieder ein Microstrip-Filter vorgeschaltet, das einige dB Verlust erzeugt, so daß am Ende ein Gewinn von etwa 10 dB zu erwarten ist. Hier zwei Fotos des Prototypen:


Die Ansoft Simulation lässt folgende Durchgangscharakteristik erwarten:

Tatsächlich gemessen wurde folgende Charakteristik:





Beide Instrumente zeigen eine Verstärkung von knapp 11 dB im 23 cm Band. Unter Berücksichtigung der Verluste des Eingangsfilters deckt sich das mit der laut Datenblatt zu erwartenden Verstärkung von 17 dB. Die 10 dB Bandbreite beträgt übereinstimmend etwa 270 MHz. Wegen des erweiterten Frequenzbereichs sieht der Siglent SSA3032X-Plus auch den Durchlassbereich der ersten Oberwelle bei 2.6 GHz. Auch für diesen Bereich wurde eine Schmalbandmessung durchgeführt, die immerhin noch eine Dämpfung um 10 dB zeigt. Auch hier deutet die Welligkeit im Durchlassbereich wieder auf Abweichungen der Anpassung hin.
Reflexionsmessungen
Mit Hilfe eines externen Reflexionsmeßkopfes kann man mit einem Trackinggenerator auch Einport-Messungen, z.B. an Antennen durchführen. Der Trackinggenerator speist dabei den Eingang des Meßkopfes und das Meßobjekt wird an den Ausgang angeschlossen. Der Spektrumanalysator mißt die reflektierte Leistung. Das entspricht einer s11-Messung, auch hier allerdings wieder nur skalar.
Vor der eigentlichen Messung muß eine Referenzmessung mit offenem oder kurzgeschlossenem Ausgang durchgeführt werden. Die Meßkurve wird als Referenzsignal gespeichert und alle weiteren Messungen beziehen sich dann auf diese Referenz.
Hier zunächst Fotos des Meßkopfes und des Meßobjekts:





Baofeng Wendelantenne
Die Spezifikation der Meßkopfes ist auf 0,1 .. 500 MHz begrenzt, daher bietet sich die Messung einer Wendelantenne an. Sie wird im Zimmer mit einem kleinen Schraubstock fixiert, damit die Messungen halbwegs reproduzierbar sind. Das funktionier leider nur annähernd, denn die Bewegung einer Person im Raum oder schon eine Handbewegung führt zu Änderungen am Meßergebnis. Daher sollten die folgenden Messungen mit der berühmten Prise Salz betrachtet werden.
Die Meßergebnisse:






Die Messungen zeigen jeweils die frequenzabhängig reflektierte Energie an. Bei den Frequenzen, an denen die Antenne Energie abstrahlt, erreicht die reflektierte Energie ein Minimum. Ist die reflektierte Energie hoch, kann sie nicht abgestrahlt worden sein. Bei diesen Frequenzen ist die Antenne also ziemlich wirkungslos.
Auf den Breitbandmessungen erkennt man Resonanzen bei etwa 150 MHz, 380 MHz und 420 MHz. Bei den weiteren Messungen sind jeweils nochmal die Bereiche um 150 MHz und um 400 MHz herausgezoomt. Bei 150 MHz ist eine Rückflußdämpfung zwischen 8 und 11 dB zu sehen. Die Unterschiede sollen aus den oben genannten Gründen nicht bewertet werden. Eine Rückflußdämpfung von 10 dB bedeutet, daß von der eingespeisten Leistung 10% zurückfließen, also 90% abgestrahlt wurden. Das ist nicht ganz schlecht. Bei 380 und 420 MHz messen beide Geräte eine Rückflußdämpfung von mehr als 30 dB, es wird also 99,9% der eingespeisten Leistung abgestrahlt. Das ist gut.
Bei Reflexionsmessungen ist es ganz praktisch, wenn der SA nicht nur positive, sondern auch negative Peaks finden und in der Tabelle darstellen kann. Im Gegensatz zum DSA815-TG kann der SSA3032X-Plus das.
Zusammenfassung
Beide Spektrumanalysatoren haben einen eingebauten Trackinggenerator, der jeweils in der Standardausführung bereits ohne separate Lizenz freigeschaltet ist. Er ist ein sehr nützliches Werkzeug, das bis zu einem gewissen Grade einen vektoriellen Netzwerkanalysator ersetzen kann.
Die Isolation des Trackinggenerators ist beim SSA3032X-Plus etwa 10 dB besser als beim DSA815-TG. Das gestattet genauere Messungen im Sperrbereich von Filtern. Der größere Bildschirm des Siglent erlaubt es, mehr Information darzustellen, ohne zu große Abstriche bei der Anzeige der Meßkurve zu machen.
Der SSA3032X-Plus ist bei den Messungen generell deutlich schneller, als der DSA815 und die Bedienung vom PC über das Web-Interface ist einfach Stand der Technik. Mit einem Klick wird ein Screenshot direkt auf die Festplatte gespeichert, wo man beim DSA815 erst umständlich mit einem USB-Stick hantieren muß. Dabei dauert das Abspeichern eines kleinen PNG-Files dann auch noch eine gefühlte Ewigkeit. An der Bedienung merkt man die zehn Jahre Entwicklungsfortschritt.
Daß der SSA3032X-Plus im Gegensatz zum DSA815-TG einen deutlich erweiterten Frequenzbereich hat, soll hier nicht bewertet werden. Es gibt zu höheren Kosten auch von Rigol eine 3.2 GHz Variante, den DSA832E-TG, und von Siglent eine preisgünstigere 1,5 GHz Variante, den SSA3015X Plus. Die geringere RBW und das niedrigere Phasenrauschen des SSA3032X-Plus können die hier gezeigten Messungen mit dem Trackinggenerator nicht ausnutzen. Dazu wären weitere Schmalbandmessungen, z.B. von Quarzen, vielleicht ganz hilfreich. Für solche Messungen verwende ich allerdings den VNA und plane auch nicht, das zukünftig mit dem Spektrumanalysator zu machen.