Nachdem ich nun einige Monate mit meinem neuen Spektrumanalysator herumgespielt habe, muß ich nun noch ein paar Ergänzungen und Klarstellungen zu den beiden ersten Teilen hier und hier hinzufügen. In den ersten Messungen habe ich z.T. ungünstige Meßeinstellungen gewählt und bei der Beurteilung des dargestellten Seitenbandrauschen wahrscheinlich zu strenge Kriterien für ein Gerät dieser Preisklasse angelegt.
Die Wahl der Meßeinstellungen ist kritisch, was nachfolgend am Beispiel einiger Messungen an einem Clapp-Guriett Oszillator gezeigt werden soll. Er ist mit einem 18,432 MHz Quarz bestückt und schwingt auf der dritten Oberwelle bei nominal 55,296 MHz. Alle Messungen wurden mit dem Siglent Spektrumanalysator SSA3032X Plus durchgeführt.
Funktionsweise des Spektrumanalysators
Zunächst muß man sich nochmal über die Funktionsweise eines Spektrumanalysators klar werden. Es handelt sich prinzipiell um einen Überlagerungsempfänger mit sehr breitbandigem, möglichst empfindlichem, linearem und dennoch großsignalfestem Eingang. Das sind Eigenschaften, die in Kombination nicht leicht zu realisieren sind und Kompromisse erfordern. Als Überlagerungsempfänger benötigt der Spektrumanalysator also einen VFO, der in einem Meßzyklus so geregelt wird, daß der Empfänger den gewählten Empfangsbereich überstreicht. Das Meßsignal am Eingang wird dann mit dem VFO-Signal gemischt, gefiltert, gemessen und schließlich am Bildschirm angezeigt. Neben dem Frequenzbereich können die Filterparameter und der Meßdetektor eingestellt werden. Moderne Spektrumanalysatoren werten das ZF-Signal digital mit einer FFT aus und erreichen daher erheblich reduzierte Meßzeiten. Die prinzipielle Funktionsweise unterscheidet sich aber nicht von früheren rein analogen Geräten.
Wahl der Bandbreite und des Detektors
Es gibt zwei Bandbreiteneinstellungen, die Resolution Bandwidth (RBW) und die Video Bandwidth (VBW). Die wichtigere davon ist die RBW, die die Durchlassbandbreite des ZF-Filters bestimmt. Die VBW mittelt die detektierten Signale unmittelbar vor der Darstellung, so daß das dargestellte Rauschen minimiert wird. Das Videofilter ist im automatischen Modus an die Einstellung des ZF-Filters gekoppelt. In den hier gezeigten Messungen wird dieser automatische Modus verwendet, VBW ist also immer gleich der RBW.
Der Spektrumanalysator stellt die jeweils gemessenen Signalpegel auf seinem Bildschirm auf der vertikalen Achse über den auf der horizontalen Achse eingestellten Frequenzbereich dar. Dabei ist die Anzahl der Punkte in beiden Richtungen begrenzt. Der SSA3032X Plus hat für die Frequenzdarstellung genau 751 Punkte reserviert. Der Rest des 1024 Pixel breiten Displays wird zur Darstellung weiterer Informationen benötigt. Damit repräsentiert also jeder einzelne Punkt einen Frequenzbereich der eingestellten Spannbreite dividiert durch 751.
Pos Peak Messungen
Hier nun eine erste Beispielmessung des Clapp-Guriett Oszillators bei 55,28 MHz mit einer Spannbreite von 2,5 MHz und einer Auflösungsbandbreite von 30 kHz.

Jeder dargestellte Meßwert entspricht hier also einem Intervall von 2,5 MHz / 751 = 3329 Hz (Span/Pixelanzahl). Der Detektor mißt den maximalen positiven Pegel (Pos Peak) innerhalb dieses Intervalls und stellt ihn auf der y‑Achse logarithmisch dar. Die eingestellte Bandbreite von 30 kHz ist deutlich breiter, als das Intervall, so daß der Signalpegel von ‑0,79 dBm zuverlässig gemessen wird. Marker 2 zeigt den Rauschpegel im Abstand von 500 kHz zum Träger. Rauschpegel werden automatisch mit der jeweils eingestellten Bandbreite auf eine Bandbreite von 1 Hz umgerechnet. Hier wird ein Rauschpegel von ‑112,14 dBm/Hz ermittelt.
Soll die Meßkurve eine bessere Auflösung bekommen, z.B. weil man näher am Signal messen will, dann muß die RBW verringert werden. Wählt man eine RBW, die deutlich kleiner ist als die Breite des Intervalls, dann stehen dem Spektrumanalysator mehrere Meßwerte pro Intervall zur Verfügung, die aber letztlich nur durch einen Pixel auf dem Bildschirm repräsentiert werden können. Da die Intervallbreite im vorliegenden Fall 3329 Hz beträgt, wäre eine RBW von 3 kHz angemessen. Damit würde mit einer Messung praktisch das gesamte dargestellte Intervall erfasst. Zu Demozwecken soll die Bandbreite aber jetzt auf 300 Hz eingestellt werden, wodurch also etwa elf Messungen auf ein Intervall fallen. Die Messung liefert nun folgendes Ergebnis:

Der Pegel des Trägers ist mit ‑0,91 dBm gleichgeblieben (Unterschiede von ein oder zwei Zehntel dBm kann man getrost ignorieren). Wegen der „Pos Peak“ Einstellung hat sich der Detektor von den elf im Intervall gemessenen Werten den Maximalwert ausgesucht und die anderen zehn ignoriert. Dieser Maximalwert unterscheidet sich nicht von dem mit zehnmal größerer Bandbreite gemessenen Maximalwert aus der vorigen Messung.
Allerdings fällt auf, daß der Rauschpegel mit ‑104,21 dBm/Hz nun um etwa 8 dBm gestiegen ist. Wie kann das sein? Ganz einfach, aus den nun elf Meßwerten pro Intervall sucht sich der Detektor wegen der „Pos Peak“ Einstellung nun wieder den jeweils größten aus, während bei der vorigen Messung diese elf Werte mit der einen einzigen Messung größerer Bandbreite gemittelt wurden. Rauschen ist ein stochastischer Prozess und der Pegel wird am besten durch seinen Mittelwert repräsentiert, nicht durch den Maximalwert. Man kann hier also deutlich erkennen, daß eine Rauschmessung mit „Pos Peak“ Einstellung bei einer Bandbreite weit unter der Breite des Meßintervalls einen zu hohen Wert liefert.
Average Video Messungen
Während die Messung des Signalpegels auch bei kleiner RBW mit dem Pos Peak Detektor also ein plausibles Ergebnis liefert, ist die Messung eines Rauschpegels also krass falsch. Daher wiederholen wir nun die Messungen nochmal mit einem anderen Detektor, nämlich Average Video.

Signal- und Rauschpegel stimmen hier im Rahmen der Meßgenauigkeit mit der Pos Peak Messung bei gleicher Auflösungsbandbreite überein. Das ist nicht verwunderlich, denn pro Intervall wird eine einzige Messung mit einer viel größeren Bandbreite durchgeführt. Ob man dieses eine Ergebnis als Maximalwert oder als Durchschnittswert bezeichnet, ist gleich.
Ein womöglich unerwartetes Ergebnis liefert die Messung mit RBW = 300 Hz:

Der dargestellte Signalpegel ist geradezu abgestürzt, um fast 60 dB. Das ist eine direkte Folge der Mittelung über die elf Meßwerte. Nur einer dieser Werte hat den tatsächlichen Pegel von etwa ‑0.8 dBm während die benachbarten Werte zwischen ‑60 und ‑80 dBm liegen dürften. Daraus errechnet der Spektrumanalysator den korrekten Mittelwert von ‑56,64 dBm, der aber mit dem tatsächlichen Pegel nichts mehr zu tun hat. Die Rauschmessung am Marker 2 zeigt aber trotz der geringen RBW wieder den oben schon gemessenen plausiblen Wert von ‑111 bis ‑112 dBm/Hz. Für Rauschmessungen sollte daher der „Average Video“ Detektor ausgewählt werden.
Normal, Sample und Neg Peak Messungen
Der Vollständigkeit halber sollen hier noch die Messungen mit anderen Detektoreinstellungen dokumentiert werden:






Der Detektor Sample wählt genau einen Meßwert in der Mitte des jeweiligen Intervalls aus. Da der Oszillator im Laufe der Messungen aus der Mitte des Displays hinausgewandert ist, wird hier der Signalpegel bei 300 Hz RBW überhaupt nicht mehr angezeigt. Der Normal Detektor zeigt abwechselnd das Maximum und das Minimum eines Intervalls an. Damit lässt sich also schon optisch recht gut die Fluktuation der Meßwerte beurteilen. Neg Peak zeigt den jeweiligen Minimalwert des Intervalls an.
Empfohlene Meßeinstellungen
Soll mit einer einzigen Messung sowohl der Signalpegel als auch der Rauschpegel korrekt angezeigt werden, darf die ZF-Bandbreite RBW nicht kleiner sein, als das Meßintervall. Signal- und Rauschpegel werden dann weitgehend unabhängig von der Wahl des Detektors im Rahmen der Meßgenauigkeit korrekt angezeigt. Beim Normal Detektor ist allerdings zu beachten, daß der Marker mal auf dem Minimum, mal auf dem Maximum stehen kann. Wenn RBW die Breite des Meßintervalls (deutlich) unterschreitet, dann muß der passende Detektor ausgewählt werden. Zum Messen des Signalpegels empfiehlt sich dann Pos Peak, zum Messen des Rauschpegels Average Video oder Sample.
Messung des Seitenbandrauschens
Kann man denn nun mit einem Spektrumanalysator das Seitenbandrauschen eines Oszillators direkt messen oder ist das nicht möglich? Kann man wenigstens eine qualitative Aussage treffen: schlecht, geht so bzw. gut. Das Seitenbandrauschen wird üblicherweise im Abstand von 10 kHz zum Träger angegeben und auf den Pegel des Trägers bezogen. Nach dem Beitrag „Phasenrauschmessungen mit dem Spektrumanalysator“ von Werner Schnorrenberg, DC4KU, hat ein guter Oszillator ein Seitenbandrauschen von ‑70 bis ‑110 dBc/Hz im Abstand von 10 kHz, sehr gute Oszillatoren auch kleiner als ‑160 dBc/Hz. Dabei ist zu beachten, daß dieser Beitrag nun älter als 30 Jahre ist und sich die Standards inzwischen geändert haben dürften. ‑100 dBc/Hz müsste also heutzutage von einem guten Oszillator schon unterschritten werden.
Betrachten wir noch einmal die Messung des oben schon verwendeten Clapp-Guriett Oszillators, diesmal mit RBW = 3 kHz und drei Rausch-Markern im Abstand von 10 kHz, 100 kHz und 1 MHz.

Woher kommt dieser auffällige Anstieg des Rauschens in der Nähe des Trägers und der Abfall unmittelbar daneben? Ist das das Seitenbandrauschen des gemessenen Oszillators? Ganz klar nein, es ist das Seitenbandrauschen des VFOs im Spektrumanalysator. Dessen Rauschen wird nämlich mit dem Träger des zu messenden Oszillators in den ZF-Bandpaß gemischt. Die beidseitigen Peaks werden (mutmaßlich) von der PLL dieses VFOs erzeugt. Dieses Verhalten hatte ich schon im ersten Teil dokumentiert, ohne mir genau über die Ursache bewußt zu sein.
Der Pegel des Trägers wird hier mit ‑1,8 dBm gemessen. Er ist wegen der RBW von 3 kHz bereits leicht reduziert. Gehen wir von einem tatsächlichen Pegel von ‑0,8 dBm aus, wie oben gemessen, dann zeigt diese Messung Seitenbandrauschpegel von ‑99,7 dBc/Hz (@10 kHz), ‑95,46 dBc/Hz (@100 kHz) und ‑116,08 dBc/Hz (@1 MHz). Das Datenblatt des SSA3032X Plus spezifiziert garantierte (typische) Werte von 95 (98) dBc/Hz (@10 kHz), 96 (97) dBc/Hz (@100 kHz) und 115 (117) dBc/Hz (@1 MHz). Die tatsächlichen Werte sind freilich nicht bekannt, aber man kann annehmen, daß sie nicht deutlich besser sind, denn sonst hätte der Hersteller die besseren Werte spezifiziert. Eher sind die spezifizierten Werte geschönt.
Nach den Standards von 1990, die DC4KU im oben erwähnten Beitrag dokumentiert, erreichen gute Spektrumanalysatoren ein Seitenbandrauschen von besser als -80 dBc/Hz im Abstand von 10 kHz, sehr gute Geräte besser als -110 dBc/Hz. Preist man den technischen Fortschritt der letzten 30 Jahre ein, ist der SSA3032X Plus mit seinen -95 dBc/Hz nach heutigen Standards wohl als "gut" einzuordnen, aber eher nicht als "sehr gut".
Die gemessenen Werte liegen nahe an den spezifizierten typischen Werten. Damit kann man den wesentlichen Teil des hier gemessenen Seitenbandrauschens dem VFO des Spektrumanalysators zuordnen. Abweichungen von 1 dB würde ich als Meßungenauigkeit definieren. Das Seitenbandrauschen des gemessenen Oszillators ist also sicher niedriger, als die hier gemessenen Werte, wie niedrig genau, weiß man nicht. Die oben genannte Anforderung von höchstens ‑100 dBc/Hz im 10 kHz Abstand für einen guten Oszillator ist also erfüllt. Damit ist man aber an der Meßgrenze des Spektrumanalysators angekommen. Für genauere Messungen benötigt man andere Meßverfahren.
Die Problematik bei dieser direkten Messung ist der Dynamikbereich des Signals. Ein Spektrumanalysator benötigt einen großsignalfesten Eingang mit sehr niedrigem Eigenrauschen. Er muß in dem gezeigten Fall ein ‑100 dBm/Hz Rauschsignal von einem unmittelbar benachbarten 0 dBm Signal (1 mW) unterscheiden können. Das sind zehn Größenordnungen, also ein Faktor von zehn Milliarden.