Nach den eher gemischten Erfahrungen mit dem Bau eines Schiebekondensators aus FR‑4 Leiterplattenmaterial, sollte ein Versuch zeigen, ob PTFE („Teflon“ ™) als Dielektrikum einen Vorteil bringt. Also habe ich mir zunächst ein paar 0,5 mm dünne Teflon-Platten (man könnte auch sagen 0,5 mm dicke Teflon-Folie) besorgt. Außerdem war dünnes Alublech alle, also habe ich auch gleich ein paar 0,5 mm dicke Alubleche bestellt. Beides ist nun da und um den Aufwand in Grenzen zu halten, habe ich zunächst mal einen Festkondensator zum Testen gebaut. Ein kleines LibreOffice Spreadsheet zeigt, daß zwei 30 mm x 30 mm große Platten zwischen drei anderen Platten mit einem PTFE Dielektrikum gut 100 pF ergeben sollte.
Die Aluplatten und das Dielektrikum waren schnell gefräst.
Gefräste Einzelteile für den Festkondensator.
Die Aluplatten sind etwas verbogen, weil meine bevorzugte Fixiermethode mit doppelseitigem Klebeband bei 0,5 mm Blech an ihre Grenzen kommt. Man bekommt die fertig gefrästen Teile kaum ab, ohne sie zu verbiegen. Auch die PTFE-Scheiben sind gefräst und hinterher mit der Schere glattgeschnitten. Reguläre Teile wie diese Quadrate sollte man gleich mit der Schere zuschneiden, die Fräse bringt hier keinen Vorteil. Das nächste Foto zeigt den fertig montierten Kondensator mit SMA-Buchse für die Messung.
Fertig aufgebauter Festkondensator mit gut 100 pF Kapazität.
Nun die spannende Frage, wie isser denn nun, der selbstgebaute Kondensator? Hier ist das Meßergebnis:
100 pF Plattenkondensator mit Teflon Dielektrikum.
Nun, das ist doch um Längen besser, als der FR‑4 Kondensator. Wie errechnet liegt die Kapazität bei gut 100 pF und die Güte liegt im gesamten Kurzwellenbereich bei mindestens 1000, z.T. weit über 10000. Man kann nun lange über die Meßgenauigkeit philosophieren, aber daß die Güte mindestens 20-mal so gut ist, wie die des FR‑4 Kondensators, scheint offensichtlich. Bei dieser Messung wurde übrigens anders als bei den FR-4-Messungen die Kurve der Güte rechnerisch geglättet. Das ändert aber nichts an den Ergebnissen.
Auch dieser Kondensator hat eine eingebaute Induktivität. Auf dem Foto oben des fertig aufgebauten Kondensators springt sie einem förmlich ins Auge: sie wird gebildet von der SMA-Buchse, den Lötfahnen und den Plattenanschlüssen. Die Spule hat eine Windung und einen Durchmesser von etwa 10 mm. Das ergibt etwa 20 nH Induktivität, die mit der Kapazität des Kondensators einen Serienschwingkreis bildet, der bei etwa 110 MHz resonant ist, also knapp oberhalb der oben gezeigten Messung.
Dieser Kondensator sollte mit einigen kV betrieben werden können, denn Teflon soll 18 kV/mm aushalten. Damit sollte es möglich sein, ihn problemlos in einer 1 kW Endstufe oder einem Antennentuner einzusetzen. Bei einer Güte von 1000 wird dann höchstens 1 W im Kondensator verbraten.
Für höhere Kapazitäten kann man die Platten vergrößern, mehr Platten stapeln oder ein dünneres Dielektrikum wählen. 0,25 mm Teflon-Folie ist auch erhältlich und reicht auch für einige kV Betriebsspannung. Verdoppelt man die Fläche der Platten und ihre Anzahl und halbiert die Dicke des Dielektrikums, sollte man problemlos auf einen 1 nF Kondensator kommen, der mehrere kV aushält und im gesamten Kurzwellenbereich verwendbar ist. Mehr braucht man selten. Warum also nicht solche Hochspannungskondensatoren selber bauen?
Für einen Antennentuner der mehrere Frequenzbänder abdecken soll, benötigt man einstellbare Induktivitäten und Kapazitäten. Manuell einstellbare Tuner verwenden dafür Drehkondensatoren und Rollspulen. Diese Tuner sind normalerweise nur im Haus an der Funkstation zu verwenden, denn selbst wenn sie wetterfest sind, wird man nicht nach draußen gehen wollen, um sie neu abzustimmen.
Für den Außeneinsatz gibt es daher elektrisch einstellbare Antennentuner, die aber meist nur per Relais einige Festkondensatoren und Spulen umschalten. Dadurch wird der Abstimmbereich eingeschränkt und jedes Relais bedeutet zusätzliche Verluste und induktive und kapazitive Störungen. Daher wären stufenlos elektromechanisch einstellbare Bauteile von Vorteil.
Zum Einstellen der Kapazität bieten sich Schrittmotoren an. Sie sind sehr preisgünstig in vielen Varianten erhältlich. Damit kann man zum Beispiel einen Drehkondensator einstellen, allerdings benötigt man ein passendes Untersetzungsgetriebe möglichst ohne Spiel. Es gibt auch Schrittmotoren, die schon eine Spindel eingebaut haben und damit die Drehbewegung auf eine Translationsbewegung umsetzen, wie z.B. der hier abgebildete:
Schrittmotor mit Spindel zum Erzeugen einer linearen Bewegung.
Dieser Schrittmotor ist bei den bekannten Verkaufsstellen in China im Zehnerpack für weniger als 2 Euro pro Stück zu beziehen. Mit einem solchen Motor kann man recht einfach einen Plattenkondensator aus einer oder mehreren Platten verstellen, der als Schiebekondensator („Schiebko“) ausgeführt ist. Gesagt getan!
Die wesentlichen Randbedingungen für den Kondensator sind sein Einstellbereich und die Spannungsfestigkeit. Die Anwendung in einem Antennentuner bei einer moderaten Ausgangsleistung von 100 Watt erfordert weniger als 1 kV Spannungsfestigkeit. Bei 50 Ω hat man zwar nur unter 100 V anliegen, aber da auch hochohmige endgespeiste Antennen mit einigen wenigen kΩ angepasst werden sollen, ist man erst mit 1 kV auf der sicheren Seite. Bei der Wahl des Einstellbereichs fällt die Festlegung etwas schwerer. Einerseits kann man nach oben nie genug haben, besonders für die langwelligen Bänder, andererseits steigt aber fast unvermeidlich auch die minimale Kapazität mit der maximalen. Nun gut, für den Prototypen habe ich einfach einen Bereich von 20 pF bis 100 pF angestrebt. Durch Hinzufügen weiterer Platten lässt sich dieser Bereich anpassen.
Bleibt die Frage des verwendeten Materials und seine Dimensionen. Der Hub des oben gezeigten Schrittmotors beträgt gut 35 mm. Auf eine Führung für den Plattenstapel soll möglichst verzichtet werden, d.h. der Schieber soll einfach in den Stator gleiten und dabei der Plattenabstand gewahrt bleiben. Um die leitende Kondensatorplatte muß also ein Isolator angebracht sein, der einen Kurzschluß verhindert. Ein Luft-Drehko bzw. ‑Schiebko wäre wegen der notwendigen Führung mechanisch aufwendiger.
Der Aufbau
Als einfachste und billigste Lösung bieten sich auf Maß gefräste FR-4-Leiterplatten an.
Kondensatorplatten aus FR‑4
Links sind die drei Platten des Stators zu sehen und rechts die beiden Platten des Schiebers. Außerdem gibt es Abstandshalter und einige M2er Schrauben. Die Statorplatten sind 40 mm x 50 mm groß und auf der Unterseite etwa 0,25 mm eingefräst, so daß die Schieber leicht hin- und hergleiten können. Zusammengebaut sieht das ganze dann so aus:
Der fertigmontierte Schiebekondensator.
Hier ist der Schiebekondensator auf einem betriebsbereiten Prototypen mit dem Schrittmotor verbunden.
Die Ansteuerung erfolgt hier mit einem I/O Board mit RS485 Schnittstelle, das an anderer Stelle schonmal beschrieben wurde. Es ist über eine ModBus-Schnittstelle mit dem PC verbunden. Als Treiber dient ein kleines Board mit „A4988 stepper motor driver“, die es auch als Schüttgut bei chinesischen Händlern zu kaufen gibt. Es ist zweifellos überdimensioniert, aber hier die einfachste, billigste und schnellste Lösung. Die jeweilige Zielposition wird hier am PC mit dem ModBus-Utility QModMaster eingegeben. Das Video oben zeigt die Originalgeschwindigkeit, also weder Zeitraffer noch Zeitlupe. Zwischen den Endpositionen liegen hier etwa 250 Schritte. Der Einfachheit halber werden die Schrittimpulse in einem 10 ms-Interrupt-Handler erzeugt. Microstepping ist möglich, aber hier wird für jeden Schrittimpuls ein voller Schritt ausgeführt. Mit Microstepping fährt der Motor wesentlich sanfter und geräuschloser, braucht aber doppelt oder viermal so lange. Für eine „Release-Version“ wäre die Software noch etwas zu überarbeiten, aber hier soll es ja nur um ein „proof-of-concept“ gehen.
Die Meßergebnisse
Die Parameter des Kondensators können mit einem Netzwerkanalysator an der SMA-Buchse gemessen werden. Hier zunächst mal die Meßergebnisse zwischen 0 und 100 MHz für verschiedene Einstellungen des Kondensators:
Im voll ausgefahrenen Zustand hat der Kondensator also ungefähr 20 pF, im voll eingefahrenen Zustand gut 100 pF. Das sind ungefähr die Zielwerte für die Entwicklung des Prototypen. Dementsprechend wurde die Größe des Schiebers und die Anzahl der Platten gewählt. In einer überarbeiteten Version würde ich versuchen, die untere Kapazität auf 10 pF bis 15 pF herunterzubekommen. Das sollte durch Umdimensionieren des Schiebers möglich sein. Die Kapazität ist linear einstellbar und jeder Schritt ändert sie um etwa 0,3 pF ((100pF-20pF)/250 Schritte). Die Wiederholgenauigkeit liegt etwas höher, weil der Schieber lose eingehängt ist und etwas wackelt, aber dennoch bei unter 1 pF.
Die Messungen bei 75% und 100% zeigen Serienresonanzen bei 89,8 MHz und 82,2 MHz. Das ist nicht weiter verwunderlich und war zu erwarten. Die Zuleitungen zum Stator und zum Schieber bilden eine Induktivität in der Größenordnung von 40 nH. Sie ändert sich auch etwas mit der Stellung des Schiebers. Da der Einsatzbereich des Kondensators bis zum 10 m Band geplant ist, stört diese Induktivität hier nicht. Auch das 6 m Band und das 4 m Band wären noch abzudecken.
Gute Güte…
Ist also alles gut? Nein, die Crux ist die Güte des Kondensators. Sie ist in rot dargestellt und liegt je nach Frequenz und Kapazität zwischen 50 und 100. Das ist nicht gut, Kondensatoren haben normalerweise Güten über 1000, aber vielleicht kann man das hier tolerieren oder verbessern.
Der Kehrwert der Güte ist der Verlustfaktor, hier also 0,01 bis 0,02. Das bedeutet, wenn der Kondensator mit 100 Watt beaufschlagt wird, erzeugt er eine Verlustleistung von 1 bis 2 Watt. Die fehlen dann bei der abgestrahlten Leistung, aber bekanntlich gilt „ein bisschen Schwund ist immer“. Da Energie aber zum Glück nicht verloren geht, wird sie in Wärme umgewandelt. Nun hat der Kondensator eine recht große Oberfläche und wird 2 Watt auf Dauer ableiten können. Außerdem ist FR‑4 ja recht hitzebeständig, aber über das Problem sollte man sich im Klaren sein, zumal weitere Komponenten auch erhebliche Verluste haben. Eine Endstufe mit 1 oder 2 kW würde sicherlich die Belastungsgrenze dieses Schiebekondensators überschreiten.
Zum Vergleich habe ich einen 10 pF Glimmer-Kondensator und einen 100 pF Keramik-Hochvolt-Kondensator (3 kV) mit demselben Testaufbau ausgemessen:
Beide Kondensatoren haben deutlich höhere Güten zwischen einigen 100 und einigen 1000. Das zeigt, daß der Meßaufbau im wesentlichen korrekt ist.
Was ist denn nun die Ursache für die geringe Güte des Eigenbau-Kondensators und wie kann man sie verbessern? Nun, die Ursache sind die dielektrischen Verluste von FR‑4. Wikipedia dokumentiert einen Dielektrischer Verlustfaktor von 0,012 bis 0,035 für FR‑4 Standardmaterial. Das deckt sich gut mit den oben gezeigten eigenen Messungen, die zwischen 0,01 und 0,02 ergaben. Da muß man nicht weitergrübeln, mit FR‑4 wird das nicht besser.
Zukünftige Versuche
Die Ergebnisse dieses ersten Versuchs sind vielversprechend. Im Prinzip hat es funktioniert. Wie geht es nun weiter?
Soll das Konzept beibehalten werden, dann muß man nach besserem Leiterplattenmaterial suchen und eventuell doch auf Luft als Dielektrikum umsteigen. Eine schöne und nützliche Tabelle mit den Verlustfaktoren verschiedener Materialien gibt es bei Microwaves101. Außer den für Bastler schwer erhältlichen Materialien von Rogers (hin und wieder bietet die jemand auf der Ham-Radio an) bieten sich Eigenbaulösungen auf PTFE-Basis („Teflon“) an. Dessen Dielektrizitätskonstante ist nur halb so groß, wie die von FR‑4 und damit wird für dieselbe Kapazität die doppelte Fläche benötigt. Dafür liegt der Verlustfaktor in der Größenordnung von 0,0002 und ist damit hundertmal besser als FR‑4. Die Durchschlagsfestigkeit von PTFE ist etwas höher als FR‑4, 18kV/mm gegenüber 14 kV/mm. Damit können die Platten etwas dichter aneinander positioniert werden.
Ein Schiebekondensator nach dem hier beschriebenen Muster mit PTFE Dielektrikum ist ein heißer Kandidat für weitere Versuche.