Die Anpassung einer endgespeisten Drahtantenne (im englischen als End-Fed-Half-Wave- oder EFHW-Antenne bezeichnet) ist leider nicht so trivial, wie man meinen könnte, insbesondere wenn man mehrere Bänder abdecken möchte. Es geht schon damit los, daß das Verhalten realer Übertrager, auch wenn man sich viel Mühe beim Wickeln macht, in der Regel weit entfernt von dem eines idealen Übertragers ist. Der Koppelfaktor der Windungen liegt deutlich unter 1 und parasitäre Kapazitäten zwischen den Wicklungen machen den Übertrager frequenzabhängig. Darüberhinaus macht die Frequenzabhängigkeit und die magnetische Sättigung des Kernmaterials zu schaffen.
Die Dimensionierung des Übertragers erfordert einige Kompromisse. Zunächst sollte man sich auf die maximal zu übertragende Leistung festlegen. Im Internet findet man Hinweise, daß ein FT-140-Kern für 100 Watt reicht. So pauschal stimmt das aber nicht. Der Crest-Faktor ist bei SSB ein ganz anderer als bei digitalen Betriebsarten. Bei SSB ist die nominale Ausgangsleistung ein Spitzenwert, der nur kurzzeitig erreicht wird, während die gesamte Leistung bei FT‑8 15 Sekunden lang übertragen werden muß, bei WSPR sogar für zwei Minuten, bei RTTY gegebenenfalls sogar noch länger. Messungen mit einer FLIR-Kamera haben gezeigt, daß die Temperatur des Ringkerns meines ersten Anpaßglieds mit einem FT140-77 schon nach kurzem Betrieb (wenige Minuten) mit 50 Watt auf deutlich über 100 °C ansteigt.

So kann das nicht bleiben. Wo liegen die Ursachen und was muß ich ändern?
Nach einer alten Faustregel soll der Blindwiderstand eines Übertragers mindestens viermal so groß sein, wie der reelle Lastwiderstand. Bei 50 Ω auf der Primärseite wären das also mindestens 200 Ω, was bei 7 MHz knapp 5 µH wären. Mit einem FT-140 77 Ringkern wäre diese Induktivität schon bei etwas mehr als einer Windung erreicht. Das ist natürlich schon beim Wickeln der Spule recht unpraktisch, weil ohne Handstand eigentlich nur ganzzahlige Windungszahlen möglich sind. Das größere Problem ist aber die magnetische Flußdichte, die durch den verwendeten Ringkern begrenzt ist. Wird die Flußdichte zu hoch, dann gerät der Kern in die Sättigung und die magnetische Feldstärke im Kern steigt dann nicht mehr proportional zur angelegten Spannung. Das übertragene Signal wird verzerrt und die Kernverluste steigen überproportional, so daß der Kern übermäßig heiß wird.
Die magnetische Flußdichte ist proportional zur angelegten Spannung und umgekehrt proportional zur Windungszahl der Spule. Die maximale Flußdichte, die der Kern verträgt, ist außerdem auch noch frequenzabhängig. Der mini Ringkernrechner berechnet die Flußdichte einer Spule und zeigt freundlicherweise für einige Kerne auch die maximal mögliche Flußdichte an. Der oben genannte Ringkern sollte mindestens 5 Windungen haben, um 100 W auf dem 40-m-Band zu übertragen. Die gewählte Anzahl von 3 Windungen ist also deutlich zu niedrig. Bei 5 Windungen hat die Primärspule aber schon 56 µH und einen Blindwiderstand von 2,5 kΩ. Das wäre auf 40 m bei 7 MHz sicher noch tragbar, aber am anderen Ende bei 29 MHz sind das schon über 10 kΩ und bei den hohen Frequenzen machen sich dann auch die Kapazitäten zwischen den einzelnen Windungen immer deutlicher bemerkbar. Die Windungszahl begrenzt also die obere nutzbare Frequenz des Übertragers. Eine „echter“ Breitbandübertrager ist also immer ein Kompromiß.
Für einen neuen Übertrager habe ich nun zwei gestapelte FT140-43 ausgewählt. Durch das Stapeln halbiert sich der magnetische Fluß für jeden der beiden Kerne und die Induktivität verdoppelt sich, da sich der umwickelte Querschnitt verdoppelt. Der AL-Wert des ‑43-er Kerns ist weniger als halb so groß, wie der des ‑77-er Kerns. Damit ergeben N Windungen auf zwei ‑43-er Kernen etwas weniger Induktivität, als die gleiche Windungszahl auf einem einzigen ‑77-er Kern. Die Flußdichte ist halbiert und liegt bis 100 Watt im 40-m-Band im Rahmen des Erlaubten. Hier ein Foto des ersten Versuchs mit einem Windungsverhältnis von 3:18 (Übertragungsverhältnis 1:36, also 50 Ω am Eingang, 1,8 kΩ am Ausgang):

Die letztlich verwendete Version hat ein noch höheres Wicklungsverhältnis von 3:22. Da der bisher verwendete Antennendraht von 18,55 m Länge zu kurz war, habe ich ihn durch einen 20,30 m langen Draht ersetzt. Damit liegt die Resonanz nun deutlich besser auf den Amateurbändern. Die gemessene Impedanz sieht nun folgendermaßen aus:

Das Stehwellenverhältnis liegt nun also auf 20- und 40‑m unterhalb von 3:1 und kann vom Antennentuner des IC-7300 angepasst werden. Das 15-m-Band liegt zwar außerhalb, wird aber zumindest im unteren Bereich noch vom Antennentuner erfasst. Das 10-m-Band liegt deutlich außerhalb, funktioniert aber noch im Emergency-Modus mit bis zu 50 Watt Ausgangsleistung.
Nach dem Lehrbuch müssten die oben gezeigten Frequenzen alle im Mittelpunkt des Smith-Charts bei zumindest ungefähr 50 Ω liegen, denn die Bänder sind harmonisch zueinander. Die Abweichungen dürften im wesentlichen an dem immer noch unzulänglichen Übertrager liegen, seinem Kopplungsverhältnis, den parasitären Kapazitäten und den Kernverlusten. Dennoch sieht das Chart realistisch aus, denn nicht-resonante Frequenzen haben hohe Blindanteile. Sie finden sich am Rand des Smith-Diagramms. Bei dem ursprünglichen Übertrager fanden sich fast alle Frequenzen innerhalb des SWV 3:1 Kreises. Das kann nur durch hohe Verluste kommen, denn nur eine Dummy-Load hat über einen großen Frequenzbereich ein Stehwellenverhältnis von 1:1. Eine Aufnahme mit der Wärmebildkamera zeigt, daß sich die Verluste jetzt in Grenzen halten:

Auch nach mehreren Minuten Betrieb auf dem 40-m-Band mit 100 Watt steigt die Temperatur nicht mehr wesentlich an. Die Kamera macht zwei Fotos, eines im optischen Bereich und eines im Infrarotbereich, die je nach Abstand des Motivs nicht ganz in Deckung sind.